Der in Ulm geborene Mann mit türkischer Staatsangehörigkeit hat die Tat gestanden, doch sein Verteidiger Stefan Holoch bezeichnet in einem Gespräch mit DONAU 3 FM den Brandanschlag als untauglichen Versuch, die Synagoge in Brand zu stecken.
Auch in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft werden beschädigte Steinplatten und das rußverunreinigte Jerusalmfenster erwähnt, die Schadensumme dürfte im niedrigen fünfstelligen Bereich liegen. Gleichwohl wirft der Staatsanwalt dem 47-Jährigen „schwere Brandstiftung mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung“ vor. Daher ist der Mann auch in Untersuchungshaft und wird in Hand- und Fußfesseln in den Saal geführt.
Die Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart geführt, die sich zentral für Baden-Württemberg um Staatsschutzverfahren kümmert. Auch der Sicherheitsaufwand im Landgericht ist hoch. Bereits im Eingang erfolgen Kontrollen, alle Prozessbesucher müssen eine Sicherheitskontrolle über sich ergehen lassen und auch im Schwurgerichtssaal sind deutlich mehr Justizwachtmeister als üblich.
Bereits wenige Tage nach der Tat war der Täter ermittelt, die Überwachungsvideos der Synagoge und aus dem Linienbus, mit dem er zum Tatort gefahren ist, haben dabei geholfen. Die Polizei konnte aus den Videos Fahndungsbilder extrahieren und bekam über eine Öffentlichkeitsfahndung die entscheidenden Hinweise. Als die Polizei dann bei Serkan P. vor der Haustüre stand, war er bereits in die Türkei ausgereist. Einem Auslieferungsersuchen der deutschen Staatsanwaltschaft kam die Türkei nicht nach. Erst im Sommer diesen Jahres konnte der Mann bei der Wiedereinreise verhaftet werden.
Der Tatablauf am Morgen des 5. Juni 2021 ist durch die Überwachungskameras der Synagoge gut dokumentiert. Serkan P. brachte in einem orangenen Stoffbeutel eine Zwei-Liter-Getränkeflasche mit, die er am Vorabend mit Benzin gefüllt hatte. Nachdem er das Benzin streifenförmig vor und an der Fassade unterhalb des Jerusalemfensters verschüttet hatte, zündete er das Benzin mit seinem Feuerzeug an und lief weg. Bereits nach wenigen Augenblicken erlosch der Brand wieder, da das Benzin verbrannt war. Rußspuren waren die sichtbare Folge.
Schon am gleichen Abend hatten die Stadt und die jüdische Gemeinschaft eine Mahnwache organisiert, in der Mitbürger und Politiker, auch aus der Landesregierung, die Tat verurteilten.
Bereits vor der Verhandlung hatte der Angeklagte gegenüber einem psychatrischen Gutachter erklärt, warum er den Brandanschlag verübte. Berichte über Unruhe in Jerusalem und das in seinen Augen harte Vorgehen von Polizei und Justiz hatten ihn bewegt. Auch die Leiden von Kindern im Krieg waren für ihn ein Auslöser. Und trotzdem bezeichnete er den Brandanschlag als eine Kurzschlussreaktion.
Unter den Zeugen, die schon am ersten Prozesstag befragt wurden, war auch der Ulmer Ortsrabbiner Shreur Trebnik. Neben der Frage nach den entstanden Sachschäden interessierte sich der Vorsitzende Richter Wolfgang Tresenreiter auch für die emotionalen Folgen für die jüdischen Gemeindemitglieder und das Gemeindeleben. Der Rabbiner lies dabei immer wieder Emotionalität erkennen und doch waren die Wochen nach der Tat davon geprägt, dass man noch enger zusammengerückt ist: „Wir wollen uns sichtbarer machen und nicht schweigen“. Nach der Aussage von Trebnik meldete sich der Angeklagte zu Wort und richtete sich an den Rabbiner: „Es war eine Kurzschlussreaktion“ und „Ich habe nichts gegen das israelische Volk“.
In einem Gespräch nach der Zeugenaussage mit DONAU 3 FM wünschte sich der Rabbiner, dass diese Aussage des Angeklagten in die Öffentlichkeit getragen wird: „…um anderen potenziellen Tätern das Gefühl zu geben, hinterher bereut man so eine Tat. Es bringt keine Freude, es bringt Unsicherheit, ein unwohles Gefühl.“ Der Prozess soll im Januar mit drei weiteren Verhandlungstagen fortgesetzt werden.