Am vergangenen Wochenende hat der Verein Städte Partner Biberach e.V. einen Hilfstransport nach Schweidnitz, Biberachs polnischer Partnerstadt, auf den Weg gebracht.
Das Biberacher Stadtoberhaupt hatte Kontakt zur polnischen Partnerstadt Schweidnitz aufgenommen, die nur 600 Kilometer von Lemberg entfernt liegt und selbst Städtepartnerschaften mit zwei Städten in der Ukraine pflegt. Im Austausch mit den Freunden in Schweidnitz wurde schnell deutlich, dass über diese partnerschaftliche Achse ziel- und bedarfsorientierte Hilfe möglich ist.
Malgorzata Jasińska-Reich, Vorsitzende des Schweidnitz-Ausschusses im Biberacher Städtepartnerschaftsverein, und dessen Vorsitzender Hans-Bernd Sick haben die Eindrücke ihrer bewegenden Reise niedergeschrieben.
Die Stadt Biberach hat einen Spendenaufruf gestartet, um über die Kontakte unserer polnischen Partnerstadt Schweidnitz zu dessen ukrainischen Partnerstädten, Iwano-Frankiwsk in der Westukraine und Nischyn in der Nähe von Kiew, Hilfe vor Ort zu leisten. Und auch selbstverständlich Schweidnitz bei der Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine zu unterstützen.
Am 12. März machte sich ein zweiter Hilfstransport auf den Weg nach Schweidnitz. Mit dabei waren vier Feuerwehrmänner, die die beiden Fahrzeuge souverän nach Schweidnitz und zurück steuerten, Vertreter der Stadt Biberach, und auch Malgorzata Jasińska-Reich, die Vorsitzende des Schweidnitz-Ausschusses im StäPa, und der StäPa-Vorsitzende Hans-Bernd Sick.
Der Auftakt zum Hilfstransport war ja schon während der Woche, bei der Abgabe der angefragten Sachspenden im Feuerwehrhaus. Dort wurde für diese Sammelaktion Platz angeboten. Zahlreiche Freiwillige halfen mit, die Sachspenden anzunehmen und in die jeweiligen Boxen zu verteilen. Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung war riesengroß, war geradezu umwerfend. M. Jasińska-Reich und H.-B. Sick waren am Freitagnachmittag zusammen mit vielen anderen dort beim Helfen; im Minutentakt brachten Bürgerinnen und Bürger und auch einige Unternehmen frisch gewaschene Decken und Schlafsäcke, Isomatten, Luftmatratzen, Gäste- und Feldbetten, Verbandskästen, Taschenlampen, Batterien, Powerbanks und Konserven. Das Material türmte sich in der Feuerwehrhalle. Im Hintergrund bereiteten die Feuerwehrleute schon den Transport selbst vor.
Am Samstag ging es morgens um sechs Uhr mit zwei Fahrzeugen los, beladen mit 24 Paletten, zwei Rollwagen und die Zwischenräume mit weiteren Schlafsäcken, Isomatten und Hygieneartikel aufgefüllt. Ohne Stau und Dank den erfahrenen Fahrern der Freiwilligen Feuerwehr ging es gut voran. Je mehr wir uns der polnischen Grenze näherten, desto mehr andere Hilfsfahrzeuge, die an den entsprechenden Plakaten und Aufklebern erkennbar waren, sahen wir. Einmal überholte uns eine lange Kolonne von PKWs mit spanischen Kennzeichen, den Schildern nach freiwillige Helfer*innen auf dem Weg zu ihrem Einsatzort. Man winkte sich zu; ein solidarisches Gefühl zwischen wildfremden Personen, die sich zufällig mit ihrem gemeinsamen Ziel der Hilfeleistung auf der Autobahn begegneten, war zu spüren.
In Schweidnitz steuerten wir die Eissporthalle an. Die Eislaufsaison ist beendet, und in der Halle gibt es ausreichend Platz für die Zwischenlagerung vor dem Weitertransport in die Ukraine bzw. der Verwendung in Schweidnitz. Mit Schweidnitzer Unterstützung wurden die beiden Fahrzeuge rasch ausgeladen.
Im Anschluss daran führten Szymon Chojnowski, der Vizepräsident der Stadt Schweidnitz, und Grzegorz Szwegler aus der Stadtverwaltung und Mitglied im dortigen Partnerschaftsverein, die Biberacher Gruppe zu zwei Flüchtlingsunterkünften und informierten über die momentane Situation. Schweidnitz hat rund 60.000 Einwohner, davon rund 5.000 Ukrainer. Eintausend ukrainische Flüchtlinge waren an dem Samstag in der Stadt Schweidnitz registriert. Die reale Zahl dürfte ein Mehrfaches höher sein, da die privat Untergekommenen wohl größtenteils noch nicht registriert sind.
Da Schweidnitz früher ein sowjetischer Militärstützpunkt war, in dem viele Ukrainer stationiert waren, vermutet Grzegorz Szwegler, dass es dadurch viele ukrainische Flüchtlinge in die von früher her bekannte Stadt zieht. Die Unterstützung durch die Bevölkerung ist riesengroß, dürfte aber in Bälde an ihre Grenzen stoßen.
Von der Warschauer Regierung wurden Schweidnitz bereits weitere dreihundert Flüchtlinge zugeteilt. Die Kosten für die Flüchtlingshilfe muss die Stadt bislang alleine stemmen, es gibt derzeit (noch) keine staatlichen Zuschüsse. Die Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes in Warschau zieht sich hin… Eine riesige Herausforderung für Biberachs Partnerstadt!
Die erste Unterkunft liegt über der dortigen Freiwilligen Feuerwehr. Auf zwei Stockwerken verteilt wohnten zu diesem Zeitpunkt 22 Personen, es soll auf 40 Personen aufgestockt werden. Noch während des Besuchs der Biberacher Gruppe wurden bereits erste Betten aus der gerade ausgeladenen Hilfslieferung in diese Unterkunft gebracht. Die zweite Unterkunft ist in einer Jugendherberge, etwas außerhalb der Stadt gelegen. Hier sind 49 Personen – 22 Frauen und 27 Kinder - untergebracht, auch hier wird aufgestockt werden müssen.
M. Jasińska-Reich konnte sich mit einigen der ukrainischen Frauen unterhalten. Sie erzählten über ihre anstrengende Flucht; dass sie froh seien, in Schweidnitz so viel Hilfsbereitschaft zu erfahren. Und sie sind sehr erfreut zu erfahren, dass nun Hilfe aus Biberach in Schweidnitz eingetroffen sei. Aber ihr Ziel sei, möglichst bald wieder zurück in ihre Heimat zu reisen. Und natürlich ihre Männer wieder zu treffen, ihre Familien in einer friedlichen Ukraine wieder zu vereinen.
Aktuell steht in der Jugendherberge nur eine einzige Waschmaschine ohne Trockner zur Verfügung. Bei der Anzahl der oft sehr kleinen Kinder läuft sie ununterbrochen und deckt bei weitem den Bedarf nicht ab. Hier könnte mit den Biberacher Spendengeldern Abhilfe geschaffen werden. Die Flüchtlinge können sich teils ihr Essen selbst kochen mit gespendeten Lebensmitteln, teils wird Essen angeliefert.
Vor Ort, aber auch noch am Sonntagmorgen vor der Abreise, wurde mit den Zuständigen über die konkrete weitere Hilfe aus Biberach gesprochen. Die Dankbarkeit für die Hilfe aus Biberach, für die Unterstützung durch die hiesige Bevölkerung ist überwältigend. Und höchst willkommen, da dringend notwendig. Davon konnten sich die Biberacher ein Bild machen.
Den herzlichen Dank der Freunde aus Schweidnitz und der ukrainischen Flüchtlinge möchten die beiden StäPa-Vorstandsmitglieder gerne an alle Spender/-innen weitergeben! Das Ausmaß der Dankbarkeit der Ukrainerinnen ist schwer in Worte zu fassen.
Trotz des ernsten Anlasses für den Besuch war die Wiedersehensfreude groß. Der Schweidnitzer Partnerschaftsverein lud die Biberacher zum Abendessen ein. Zum Abschied schenkte Aleksandra „Ola“ Rokicka jeder und jedem Biberacher einen leckeren, frisch gebackenen Mohnstrudel. Zwischen Frühstück und Arbeitstreffen gab es noch etwas Zeit für einen frühen Stadtbummel zur Friedenskirche und durch Teile der historischen Altstadt.
Für die meisten war es der erste Besuch in Schweidnitz bzw. Polen. Alle waren sich einig: Schweidnitz ist ein Besuch wert! Aber zuerst hoffen alle gemeinsam auf baldigen Frieden!
Mit städtepartnerschaftlichen Grüßen
Städte Partner Biberach e.V.