Bundesweite Schwarzarbeits-Razzien auch in Ulm

Im Visier war eine Ulmer Großbaustelle

Insgesamt 3.400 Zöllner kontrollierten am Dienstag in einer bundesweiten Aktion Baustellen, um Schwarzarbeit, Lohndumping, illegale Beschäftigung und Leistungsbetrug zu bekämpfen.

Kurz vor acht Uhr morgens fuhren fast zehn Zollfahrzeuge mit Blaulicht an einer Baustelle im Ulmer Dichterviertel vor und umstellten zuerst das Gebäude, damit niemand flüchten konnte.

Heiko Strauß, der Einsatzleiter am Vormittag, hat diesen Einsatz rund vier Wochen lang geplant. Dabei wurde die Baustelle auch verdeckt beobachtet, um herauszubekommen, wie viele Bauarbeiter mit welchen Gewerken beschäftigt sind. Der Gebäudekomplex, in dem rund 40 Wohnungen entstehen, wurde gezielt ausgewählt, da nun der Innenausbau ansteht und die verschiedensten Subunternehmer dort vom Zoll erwartet wurden. Eingestellt hatte man sich auf rund 50 Bauarbeiter, deswegen wurden etwa 25 Zöllner sowie Dolmetscher eingesetzt.

Nachdem das Gebäude umstellt war, wurde das Gebäude von oben nach unten durchsucht und alle Personen ins Erdgeschoss geschickt. Dort haben in der Zwischenzeit andere Zöllner Tische aufgebaut und auch drei „Abteile“ durch Absperrbänder und Dämmstoffpakete aufgebaut. In die drei Abteile wurden die 30 angetroffenen Arbeiter einsortiert als EU-Bürger, Nicht-EU-Bürger und „kein Ausweis dabei“. Gerade die letzte Kategorie ist problematisch, denn eigentlich besteht im Baugewerbe eine Mitführpflicht für den Ausweis. Doch wer ist dann die Person, die auf der Baustelle ist? Drei Männer fanden sich in der dritten Kategorie wieder, doch zwei von ihnen hatten den Ausweis im Fahrzeug liegen, der Dritte seinen Ausweis in einem Aufenthaltscontainer. Unter Begleitung von Zöllnern wurden auch diese Ausweise geholt und dann die beiden Kategorien EU-Bürger und Nicht-EU-Bürger abgearbeitet.

Die Bauleitung nahm die Kontrolle relativ gelassen ein, auch wenn eine weitere mehrstündige Verzögerung im Bauablauf unangenehm ist. Einsatzleiter Strauß sprach sich aber auch als erstes mit der Bauleitung ab, ob es Gewerke gibt, die dringend weiterarbeiten müssen und daher bevorzugt abgearbeitet werden.

In einem Bürofahrzeug des Zolls auf der gegenüberliegenden Straßenseite sitzt Dennis Rupp vor dem Laptop. Er bekommt alle Ausweise der Bauarbeiter gebracht und kontrolliert sie einen nach dem Anderen. Ein bisschen gegen das Licht kippen und nach den Sicherheitsmerkmalen schauen, dann kommt der Ausweis auf den Dokumentenscanner, das gleiche Gerät, wie es auch auf Flughäfen benutzt wird. Verschiedene Datenbanken werden abgefragt, ob zum Beispiel offene Bußgelder vorhanden sind oder der Kontrollierte bereits schon einmal dem Zoll aufgefallen ist.

Anschließend kommen die Ausweise wieder auf die Baustelle und jeder Arbeiter wird einzeln von einem Zöllner anhand eines ausführlichen Fragebogen befragt. Lohn und Arbeitszeiten, Sozialversicherung und vieles mehr werden abgefragt, damit die Zöllner beurteilen können, ob ein Anfangsverdacht besteht. Die im vergangenen Jahr durch den deutsche Zoll entdeckte Schwarzarbeit auf Baustellen hat alleine bei der Sozialversicherung einen Schaden von rund 275 Millionen Euro verursacht. Daher betont Kohlmann, dass „Bauherren gut beraten sind, sich an die Gesetze zu halten“. Dabei stellt der Pressesprecher aber auch heraus, dass die Kontrollen von den Bauunternehmen in aller Regel begrüßt werden.

Für Einsatzleiter Heiko Strauß ist die Sprachbarriere bei den Kontrollen eines der großen Probleme, daher hat er auch vier Dolmetscher dabei, die kroatisch, bosnisch, slowenisch, albanisch, serbisch und montenegrinisch beherrschen. Mit Polen hat Strauß nicht gerechnet, doch die können dieses Mal sehr gut deutsch sprechen und kommen auch mit Fragen zur Sozialversicherung zurecht. Kohlmann ergänzt, das in Deutschland kein Haus gebaut wird ohne ausländische Arbeitnehmer: „Ansonsten können sie das auch gar nicht bezahlen“. Mit seinen Kontrollen sorgt der Zoll dafür, dass diese Arbeiter bei ihrem Einsatz in Deutschland auch mindestens den deutschen Mindestlohn bekommen und nicht nur den in ihrem Heimatland üblichen Lohn.

Die Kontrolle im Ulmer Dichterviertel ist derart unauffällig, dass am Nachmittag spontan noch eine weitere Baustelle in der Nähe kontrolliert wird. Doch was wirklich an möglichen Verstößen vorliegt, wird der Zoll erst in mehreren Wochen wissen, wenn die abschließende Kontrolle der Unterlagen im Büro erfolgt ist. In sechs bis acht Wochen erfolgt dann irgendwo im Bereich des Hauptzollamt Ulm die nächste Großkontrolle in ähnlicher Form.

Auf der am Dienstag kontrollierten Baustellen waren die Maler noch nicht im Einsatz, da es einen leichten Verzug im Bauablauf gibt. Kohlmann lies offen, ob in den nächsten Wochen dann noch eine zusätzliche kleinere Kontrolle der Maler erfolgt.

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