Im Streit um den Erhalt der Geislingen Helfensteinklinik hat jetzt die CDU Gemeinderatsfraktion Stellung bezogen.
Der Streit um den Erhalt der Geislingen Helfensteinklinik zieht sich schon über Monate. Jetzt hat die Geislinger CDU Gemeinderatsfraktion Stellung bezogen. Sie stellt sich voll und ganz hinter ihren Bürgermeister, der sich bereits im Kreistag eindrücklich für den Erhalt der Klinik eingesetzt hat. Demnach steht auch die Bevölkerung Geislingens und des ganzen Kreisgebiets hinter der Helfensteinklinik. In einem gemeinsamen Aktionsbündnis über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg soll weiter für den Erhalt der Klinik gekämpft werden. Im Mai soll der Kreistag eine Entscheidung fällen.
Von Holger Scheible, Fraktionsvorsitzender
Sehr geehrter Herr Landrat Wolff, sehr geehrte Herren Dr. Hüttner und Schmid, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, liebe Gäste im Saal und liebe Zuseher im Live-Stream!
Ich möchte mir nicht anmaßen, die Gutachten und alle Vorgänge im Einzelnen zu bewerten, dafür sind wir als Außenstehende nicht tief genug in der Materie drin. Schließlich sind wir auch nicht das Beschlussgremium, sondern wir werden bzw. wurden heute von Herrn Landrat Wolff und der Geschäftsführung über den Stand der Dinge informiert. Dafür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion zunächst einmal bedanken. Ich weiß, dass dies für Sie heute kein leichter Gang nach Geislingen ist, aber immerhin ist es dieses Mal etwas besser gelaufen als im Herbst letzten Jahres, als Ihre Kommunikation nicht gerade professionell war und wir uns – salopp gesagt – buchstäblich überfahren gefühlt haben. Da spürten wir im jetzigen Stadium schon im Vorfeld wenigstens etwas mehr Transparenz.
Die Botschaft allerdings, die Sie mitbringen, ist heute keinen Deut besser als damals, und Sie haben sich ja bereits gestern im Kreistag und auch schon davor von den Mitgliedern des Aktionsbündnisses anhören müssen, wie man hier im Raum Geislingen darüber denkt. Das können wir Ihnen auch heute nicht ersparen. Ich habe die gestrige Debatte im Kreistag online aufmerksam verfolgt und möchte mich deshalb auch hier im Gemeinderat voll und ganz hinter die dort vorgetragenen Ausführungen unseres Geislinger Oberbürgermeisters Dehmer stellen, der die Dinge aus unserer Sicht auf den richtigen Punkt gebracht hat.
Ja, meine Herren aus Göppingen, auch ich möchte Ihnen jenen Eindruck vermitteln, den wir aus allen Gesprächen mit unseren Bürgerinnen und Bürgern mitnehmen: die Bevölkerung Geislingens, nein, des ganzen oberen Kreisgebiets, steht hinter der Helfensteinklinik. Und deshalb stehen wir gerade auch alle zusammen und kämpfen für den Erhalt dieser Klinik. Und wenn Sie beklagen, dass die Patientenzahlen eine andere Sprache sprechen, dann stellen wir die Gegenfrage, wieso denn viele Patienten inzwischen auch in andere Kliniken gehen. Wahrscheinlich
• weil es eben doch auch hausgemachte Probleme sind,
• weil die Geislinger Klinik nicht erst heute, sondern schon seit Jahren in einem schleichenden Prozess ausgehöhlt wurde und weiter wird,
• weil sie nicht, wie einst zugesagt, mit attraktiven Angeboten gestärkt und mit Alleinstellungsmerkmalen ausgestattet, sondern durch sukzessive Verlagerungen, durch Abzug von Personal und Expertise in den Eichert Schritt für Schritt geschwächt wurde.
Haben Sie bitte auch Verständnis, dass die Bevölkerung ganz einfach misstrauisch geworden ist. Sie hat nämlich schlechte Erfahrungen gemacht. Ich will nun tatsächlich nicht die ganze Vergangenheit strapazieren, wiewohl Sie natürlich genau wissen, was wann versprochen wurde, aber viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger haben eben z. B. die Vorgänge um die Schließung der Geburtshilfe noch gut in Erinnerung. Sie erkennen das damalige Vorgehen quasi als Blaupause für das jetzige Vorhaben. Die Leute vergessen das nicht.
Denn wenn die damaligen Aussagen auch nur ansatzweise gestimmt hätten, dass nämlich der Helfensteinklinik eine gute und gesicherte Zukunft bevorstehe, wenn dieser Verlustträger Geburtshilfe erst einmal geopfert sein wird, dann müsste sie heute ja glänzend dastehen. Nichts hat sich seit damals aber geändert, außer dass viele Kinder nicht mehr in Geislingen, aber leider auch nicht – wie von Ihnen erhofft – in Göppingen, sondern in Ulm und andernorts geboren werden.
Wenn wir Ihre neuerlichen Überlegungen auf uns wirken lassen, kommt unweigerlich dieses Déjà-vu-Erlebnis wieder auf, und wir werden das Gefühl nicht los, dass mit zunehmendem Baufortschritt der neuen Klinik am Eichert das Geislinger Haus immer mehr als lästiges Anhängsel empfunden wird.
Wir fragen uns, ist wirklich alles zu Ende gedacht?
• Wie sehen Sie sich beispielsweise in der Verantwortung gegenüber den Arztpraxen im Ärztehaus, denen Sie ein attraktives Modell der Verknüpfung von ambulanter und klinischer Versorgung mit einer Vollklinik im Rücken versprochen haben?
• Was halten Sie von der Stellungnahme von nahezu 40 niedergelassenen Ärzten des oberen Kreisgebiets, die aus der täglich gelebten Praxis heraus in einem Brandbrief darauf hinweisen, dass die geplante Neukonzeption aus deren Sicht die umfassende wohnortnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung in hohem Maße gefährdet?
• Wieso interpretieren Sie die Stellungnahmen der überwiegend aus Göppinger Mitgliedern besetzten Qualitätswerkstatt, des Betriebsrats, der nachgeordneten Ärzteschaft oder des Geislinger Palliativteams so einseitig?
• Warum verschlechtern Sie das Umfeld gerade für die „Frauenberufe“ wie in der Pflege (und zunehmend auch der Ärzteschaft), z. B. durch den Wegfall der Kinderbetreuung?
Noch gibt es viele engagierte Menschen im oberen Kreisgebiet, die sich für die Helfensteinklinik mit Herzblut einsetzen, aber leider wächst auch bereits die Zahl derer, die ob der Vorgänge resignieren und sich frustriert geschlagen geben wollen. Wir als Gemeinderat halten dagegen und unternehmen immer noch den Versuch, zu retten, was noch zu retten ist und das Haus in eine gute Zukunft zu führen. Wir wissen aber auch, dass wir dazu nicht in erster Linie Sie, die Sie heute mit einer klaren Vorfestlegung zu uns gekommen sind, umstimmen müssen, sondern dass wir möglichst viele Mitglieder des Kreistags als Verbündete brauchen. Deshalb geht auch unser Appell an dieses Entscheidungsgremium, sich an gegebene Versprechen zu halten und dem Antrag der Verwaltung bei der entscheidenden Sitzung im Mai nicht zuzustimmen.
Wir als Geislinger CDU-Fraktion sind froh, dass sich unsere Kreistagsfraktion eindeutig positioniert hat und gegen den Antrag der Kreisverwaltung stimmen wird. Ich sage das ohne jede Häme in Richtung der anderen Fraktionen hier im Gemeinderat, vielmehr wünsche ich unseren Kolleginnen und Kollegen in ehrlicher und solidarischer Absicht, dass es ihnen gelingen möge, noch viel erfolgreiche Überzeugungsarbeit in ihren Kreistagsfraktionen zu leisten, um eine Mehrheit im Kreistag zustande zu bringen.
Wir Geislinger stehen alle zusammen und haben deshalb auch in einem gemeinsamen Aktionsbündnis über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg alle Kräfte gebündelt. Denn es geht nicht um Partikularinteressen, sondern es geht ums Ganze! Und das verfolgen wir bestens Gewissens und in dem Bewusstsein, für eine gute, für die richtige Sache einzutreten.
Wir sind nicht einfach dagegen, auch nicht gegen Sie, Herr Landrat und die Herren Geschäftsführer, sondern wir sind dafür!
Für ein großes Anliegen der Menschen im Raum Geislingen,
für den Erhalt der Helfensteinklinik!
Geislingen an der Steige, 21. April 2021