Stuttgart (dpa/lsw) – In Baden-Württemberg ist der erste Fall von Affenpocken nachgewiesen worden. Ein Patient aus dem Ortenaukreis mit einer entsprechenden Infektion werde seit Sonntagabend am Universitätsklinikum Freiburg stationär versorgt, teilte das Gesundheitsministerium in Stuttgart am Montag mit. Bei dem Patienten handele es sich um einen Reiserückkehrer aus Spanien, er habe Fieber, Husten und weise typische Hautveränderungen auf. Sein Zustand sei aber stabil und er befinde sich in Isolation.
Das allgemeine Infektionsrisiko für die Bevölkerung in Baden-Württemberg werde vom Landesgesundheitsamt derzeit als gering eingeschätzt, teilte Gesundheitsminister Manne Lucha zu dem Infektionsfall mit. Dennoch dürfe man das Affenpockenvirus nicht unterschätzen. «Wir verfolgen die Situation im Land deshalb weiter sehr aufmerksam. Die Gesundheitsämter in Baden-Württemberg wurden bereits informiert und sind entsprechend sensibilisiert», sagte der Grünen-Politiker.
Das Gesundheitsamt des Ortenaukreises untersucht demnach einen weiteren Verdachtsfall und versucht derzeit, die Kontaktpersonen des Patienten nachzuvollziehen. Gegebenenfalls würde die Behörde Quarantäneanordnungen aussprechen, hieß es. Die Diagnose des Patienten wurde per PCR-Analyse gestellt. Mit einer Genom-Sequenzierung im Institut für Virologie des Uniklinikums Freiburg soll festgestellt werden, ob es sich um den west- oder zentralafrikanischen Virusstamm handelt. Das Ergebnis soll in den kommenden Tagen vorliegen.
Im Zuge der gestiegenen Aufmerksamkeit für die Erkrankung werden in immer mehr Ländern Fälle der eigentlich selten auftretenden Affenpocken nachgewiesen. Der erste Fall in Deutschland wurde aus Bayern gemeldet. Das Virus war am vergangenen Donnerstag bei einem Patienten nachgewiesen worden, wie das Institut für Mikrobiologie am Freitag in München mitgeteilt hatte. Der Patient habe charakteristische Hautveränderungen gehabt. Zuvor waren bereits aus zahlreichen anderen Ländern wie Großbritannien, Spanien, Schweden und den USA Fälle gemeldet worden.
Am stärksten gefährdet für eine Ansteckung sind Experten zufolge Menschen, die sexuelle Kontakte zu vielen verschiedenen Menschen haben. Übertragen wird das Virus vor allem über direkten Kontakt oder Kontakt zu kontaminierten Materialien, auch eine – wohl sehr seltene – Übertragung über Tröpfchen in der Luft ist auf kürzere Distanzen möglich.
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) geht von einer Vielzahl bereits erfolgter Affenpocken-Infektionen in Deutschland aus. Der Ulmer Virologe Thomas Mertens sagte am Montag dem Südwestrundfunk, er gehe davon aus, dass sich schon etliche Menschen in Deutschland über enge Kontakte infiziert haben. Und dass man in der nächsten Zeit weitere Fälle identifizieren werde.
Zugleich betonte der Stiko-Vorsitzende, dass Affenpocken weniger gefährlich seien als das Coronavirus: «Ich glaube, kein Fachmann nimmt an, dass man mit diesem Virus eine ähnliche Situation erleben wird wie mit Corona.» Etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung seien früher gegen die Pocken geimpft worden. Und man wisse, dass dieser Impfschutz auch gegen dieses Affenpockenvirus wirksam sei.
Die Pocken gelten seit 1980 als weltweit ausgerottet, seither wird nicht mehr dagegen geimpft. Die Krankheit trägt den Namen Affenpocken, nachdem der Erreger 1958 erstmals bei Affen in einem dänischen Labor nachgewiesen wurde. Fachleute vermuten, dass das Virus eigentlich in Hörnchen und Nagetieren zirkuliert, Affen und Menschen gelten als sogenannte Fehlwirte.
(Symbolbild: Variolavirus)