Gut acht Monate nach einer Geiselnahme in der Ulmer Innenstadt hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ex-Soldaten aus dem nordrhein-westfälischen Iserlohn vor, am Abend des 26. Januar mehrere Menschen in einem Café am Münsterplatz als Geiseln genommen zu haben.
Vor Gericht räumte der 44-Jährige die Tat vollumfänglich über seinen Verteidiger ein und entschuldigte sich. Er habe niemanden verletzen wollen.
Laut Anklage hatte der Ex-Soldat die Geiseln mit täuschend echten Waffen-Attrappe bedroht und aufgefordert, die Polizei zu rufen. Sein Ziel sei gewesen, sich bei der Geiselnahme vom Spezialeinsatzkommando (SEK) erschießen zu lassen.
Als er nach eineinhalb Stunden mit einer Geisel vor die Türe trat, schossen Einsatzkräfte auf den Oberkörper und in das Gesicht des Angeklagten und beendeten so die Geiselnahme. Sämtliche Geiseln, die nach und nach freigelassen wurden, blieben unverletzt.
Der Mann soll wegen eines psychischen Ausnahmezustands vermindert schuldfähig sein. Daher kommt auch eine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus infrage. Angeklagt ist er unter anderem wegen Nötigung.
Ein Urteil könnte Mitte Oktober fallen. Der Angeklagte sitzt seit der Tat in Untersuchungshaft.
Der Vater eines Sohnes diente eigenen Angaben nach von 2004 bis 2016 bei der Bundeswehr. Auch Auslandseinsätze in Afghanistan gehörten zu seinem Job. Die Einsätze seien sehr belastend gewesen, berichtete er vor Gericht. Raketenangriffe, Sprengfallen und Schüsse auf Kameraden hätten ihn traumatisiert. Er habe das Erlebte nach der Rückkehr nur mit Alkohol und Ablenkung in Spielhallen ertragen können. Das gemeinsame Baby habe ihn überfordert, seine Frau habe die Scheidung eingereicht.
Nach Weihnachten und Silvester im vergangenen Jahr habe er komplett den Lebensmut verloren. Den Plan, sich durch das SEK erschießen zu lassen, habe er schon Tage vor der Tat Ende Januar gefasst. Offen sei noch gewesen, wo. Die Geiselnahme in der Starbucks-Filiale sei spontan gewesen. Starbucks habe ihn an bessere Zeiten mit seiner Frau erinnert.
Am Tattag sei er in Iserlohn grundlos ins Auto gestiegen und einfach in Richtung Süden gefahren. Ulm habe ihn angezogen, weil es in der Stadt ein Bundeswehrkrankenhaus gebe, berichtete der gelernte Industriekaufmann. Er sei noch eine Runde um das Ulmer Münster spaziert, habe sich dann in einer Tiefgarage umgezogen und sei ins Starbucks gelaufen. Er habe niemanden verletzen wollen. Nun sei er für eine Therapie offen.