Der Prozess um den rassistisch motivierten Fackelwurf in Dellmensingen bei Erbach beginnt heute.
Ende Mai letzten Jahres sind fünf junge Männer aus Dellmensingen, damals zwischen 17 und 19, mit dem Auto zu einer Wohnwagensiedlung einer Roma-Familie in ihrem Ort gefahren. Einer von ihnen wirft eine Fackel in Richtung des Wohnwagens. Darin schläft eine Frau mit ihrem neun Monate alten Sohn, sie kommen mit dem Schrecken davon. Die Fackel landet neben dem Wohnwagen und brennt aus.
Ein Foto zeigt die Angeklagten vor einer Flagge mit Reichsadler - sie machen dabei den Hitlergruß
Jetzt stehen die fünf jungen Männer vor Gericht. Sie sollen die Tat aus fremdenfeindlichen und antiziganistischen Motiven begangen haben. Ihnen wird versuchter Mord und versuchte schwere Brandstiftung vorgeworfen. Der Prozess ist groß angelegt, ein Urteil wird erst Ende September erwartet.
Die Angeklagten sind jung, teils in Sportvereinen aktiv und Hobbyangler. Sie haben vor dem Fackelwurf schon einen Böller in die Siedlung geworfen, einen toten Schwan vor einen Wohnwagen gelegt und anfangs ein "not welcome" Schild vor der Siedlung aufgestellt. Alles, auch der Fackelwurf, sollte nur "ein Scherz" sein.
Auch ein Foto, dass im Gerichtssaal auf die Wand projiziert wird, sollte "ein Witz" sein: Es zeigt die Angeklagten vor einer Flagge mit Reichsadler - sie machen dabei den Hitlergruß. Sie stünden auch der "Donau Crew" nahe, einem Fußball-Fanclub, dem rassistische Grundhaltung nachgesagt würde.
Fackelwurf sollte "nur ein Scherz" sein
Die Männer selbst bezeichnen sich als "rechts offen". Die Roma hätten sie gestört, die "Zigeuner" wären auch Thema No.1 im Dorf gewesen. Man hätte Angst, sie würden im Dorf stehlen und betteln. Deshalb wollten die jungen Männer sie "erschrecken". Der Fackelwurf sollte ein Scherz sein. Die Fackel hätten sie beim Angeln von einem vorbeiziehenden Kinder-Fackelzug im Tausch gegen einen Fisch bekommen.
Ihre rechte Gesinnung habe sich in den letzten zehn Monaten U-Haft verändert. Die Angeklagten entschuldigten sich mehrfach. Redeten sich teilweise aber auch um Kopf und Kragen.
Anwalt der Nebenklägerin: Ulm schaut hin!
Die Nebenklägerin, also die Frau aus dem Wohnwagen, kam nicht persönlich zum Gerichtstermin. Ihr Anwalt Mehmet Daimagüler hält die Tat für eindeutig rassistisch und sieht einem fairen Prozess entgegen: "Mein Eindruck ist, dass Staatsanwaltschaft und Gericht, und das muss man auch wirklich anerkennen, den Dingen auf den Grund gehen wollen. Ich hatte in vielen anderen Verfahren häufig den Eindruck, dass der gesellschaftspolitische Aspekt, eben dieser hasskriminelle Aspekt, häufig unter den Tisch fällt, nicht gesehen werden soll oder will. Das ist hier in Ulm anders."
Prozess ins Kornhaus verlegt
Um den Corona-Sicherheitsabstand einhalten zu können, ist das Ulmer Landgericht kurzerhand in das größere Kornhaus umgezogen. Bereits vor Prozessbeginn versammelten sich dort einige Demonstranten der linken Ulmer Gruppe "Kollektiv.26" mit Schildern.