Vor 125 Jahren wurde in der Doppelstadt Ulm/Neu-Ulm die Straßenbahn eröffnet, seit dem Zweiten Weltkrieg verkehrt sie nur noch in Ulm. Beim Festakt am Sonntag am Willy-Brandt-Platz in Ulm sprach sich Neu-Ulms Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger dafür aus, erneut die Möglichkeiten für eine Erweiterung über die Donau zu prüfen.
Die Oberbürgermeisterin hätte sie „sehr sehr gerne auf bayerischer Seite“ und „attraktiv wäre es auf jeden Fall, wenn wir eine Straßenbahnlinie 3 und 4 nach Neu-Ulm rüber bauen könnten“. Wenn eine Machbarkeitsstudie positiv ausfällt, so Albsteiger weiter, muss man sehen, wie es mit Fördermitteln aussieht. Die Straßenbahn gehört für sie zu einem attraktiven Nahverkehr und zu einer Mobilitätswende dazu. Ob und wann die Straßenbahn für Neu-Ulm umgesetzt werden kann, konnte sie nicht versprechen.
So wie die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin in die Zukunft blickte, waren auch die anderen Festredner nicht nur in der Vergangenheit hängengeblieben. Auch der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch erinnerte sich nicht nur an das „ratter ratter ratter“ der alten Straßenbahnen, sondern sprach auch die Zukunftsherausforderungen an, Energiewende und grüner Strom gehören für ihn mit einer elektrisch angetriebenen Straßenbahn zusammen.
Ralf Gummersbach, der Geschäftsführer der SWU Verkehr, sprach mit Blick auf die Eröffnung der Straßenbahn 1897 von „der Geburtsstunde des öffentlichen Nahverkehrs in Ulm und Neu-Ulm“. Der Dieselmotor war gerade erst konstruiert worden und wer zur Arbeit in die Stadt musste, war mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs. Auch die Corona-Pandemie hatte Gummersbach nicht vergessen, in den beiden vergangenen Jahren waren rund 28 Millionen Fahrgäste weniger als üblich unterwegs und nun quälen ihn die hohen Energiepreise. Trotzdem setzt auch Gummersbach auf den öffentlichen Nahverkehr, den er als platzsparend und umweltfreundlich bezeichnete. Für die Zukunft arbeiten die SWU Verkehr nicht nur an den Fahrzeugen, sondern beschäftigen sich mit einer App, „on demand“, also zusätzliche Fahrten auf Abruf als Ergänzung zum festen Linienfahrplan und auch mit „sharing-Angeboten“, die den öffentlichen Nahverkehr mit Mietwagen und Mietfahrrädern abrunden.
Straßenbahnfans waren teilweise hunderte Kilometer angereist, um das Straßenbahn-Jubiläum mitzuerleben. Sie interessierten sich dabei nicht für die Festreden, sondern für den Jubiläumskorso, der aus Fahrzeugen aus nahezu allen Zeiten der Ulmer und Neu-Ulmer Straßenbahngeschichte gebildet wurde. Da von der Eröffnung 1897 kein Fahrzeug mehr erhalten war, führte Wagen 13 aus dem Jahr 1906 an, aber auch die aktuellen Baureihen Combino und Avenio reihten sich in den Korso ein. Auch die Omnibusse gehören zum öffentlichen Nahverkehr, der älteste Kässbohrer-Bus stammt aus dem Jahr 1950, ein Magirus-Bus wurde 1982 gebaut. Den Abschluss bildete ein nagelneuer Gelenkbus mit Elektroantrieb.
Der Festakt wurde am Willy-Brandt-Platz durchgeführt, da sich dort in Richtung Griesbadgasse der erste Betriebshof der Straßenbahn befand. Heute werden die Fahrzeuge in der Weststadt abgestellt und gewartet. Vom Festakt fuhr der Korso nach Söflingen und wieder zurück, rund 250 Ehrengäste hatten die Gelegenheit, in einem der historischen Fahrzeuge zu fahren. Am Nachmittag waren dann alle Fahrzeuge für öffentliche Fahrten unterwegs. Hinter dem Ulmer Theater in der Zeitblomstraße wurde beim Bau der Linie 2 auf den Eselsberg ein Gleisdreieck zum Wenden von Fahrzeugen eingebaut, dieses diente als Haltestelle für die historischen Fahrten. Über eintausend Fahrscheine wurden verkauft und zeigten das große Interesse der Ulmer und Neu-Ulmer an ihrer Straßenbahn.