Im Interview spricht DONAU 3 FM Reporterin Jana Vaas mit dem Künstler Daschu aus Biberach über seine Anfänge, wie er die Graffiti-Szene wahrnimmt und welche Regeln es innerhalb der Szene gibt. Außerdem geht es um die Frage was ist eigentlich Kunst und was nicht? Wie steht er zu illegalen Graffitis und wie könnten diese in Städten vielleicht vermieden werden?
Ich befinde mich in Biberach und stehe vor einem Trafoturm. Der Turm ist von einem Gerüst umgeben, auf dem viele Jugendliche und Erwachsene draufstehen. Alle mit Mundschutz, Handschuhen und Spraydosen in der Hand.
Ich höre viel Gelächter und die Geräusche der Spraydosen, die ihre Bahnen ziehen. Die Wörter "Love, Faith und Smile" stechen mir ins Auge. Der Trafoturm wurde von der ewa Riss GmbH in Biberach als freie Fläche zum Sprayen zur Verfügung gestellt. Der Biberacher Künstler Daschu möchte nun gemeinsam mit der Gebhard-Müller-Schule und der Schwarzbachschule diesem Trafoturm ein neues, schöneres Gewand verleihen.
Wenn man hier hinschaut, bunte Farben hat und so tolle Menschen kennenlernt ist es einfach fassungslos, mein Herz ist erwärmt und es macht einfach riesen Spaß, so Leon, der auch fleißig am sprayen ist.
Auch Lehrerin Eva freut sich sehr über dieses Projekt.
Für mich bedeutet dieses Projekt wirklich viel, weil ich seh wie die Schüler gemeinsam ins Gesprpäch kommen und vielleicht Dinge machen, die sie vorher noch nie gemacht haben. Macht richtig Spaß.
Daschu aus Biberach begann bereits im jungen Alter von neun Jahren mit Breakdance und griff später zur Sprühdose. Durch mehrere Auslandsaufenthalte wurde er von den lokalen Streetart-Szenen inspiriert. Seine Bilder entwickelten sich schnell von klassischen Graffiti Letters zu figürlichen Charakteren mit realistischen Schattierungen. Um neue Ausdrucksformen zu finden, erweitert er kontinuierlich seine Techniken und Materialien. Während viele seine Werke als „Street Art“ bezeichnen, verzichtet er selbst vorzugsweise auf herkömmliches Schubladendenken, sowie gängige Begrifflichkeiten und beschreibt seine vielseitige Arbeit als „Mischung aus Allem“. Die zentrale Rolle seines künstlerischen Schaffens spielt allerdings der soziale Aspekt, weshalb er auch immer wieder sein soziales Engagement in Form von gemeinnützigen Projekten mit seiner Kunst kombiniert.
Ursprung
Vor allem sogennante "Tags", also Signaturen und Graffiti-Writing, sind es, die von Städten als problematisch angesehen werden, weil diese meist überall zu sehen sind. Vor allem an illegalen Orten. Für Daschu sind genau diese "Tags" der Usprung von allem. Ohne das Graffiti-Writing damals, gäbe es das Graffiti heute nicht. Mit Jazz als Ursprung der Hip-Hop Musik zieht Daschu einen Vergleich aus der Musikszene. Es gäbe bei allem einen Anfang und in der Street Art Szene sei es nun einmal das einfache Tagging, woraus sich mit der Zeit mehr entwickelte. Außerdem läge es in der Natur des Menschen sich besonders an Wänden zu verewigen, meint er und erinnert an frühere Höhlenmalereien.
Kunst oder nicht Kunst
Wie in allen Bereichen der Kunst, liegt es auch hier völlig im Auge des Betrachters, möchte Daschu klarmachen. Kunst könne nicht in eine Schublade gesteckt und strikt bewertet werden. Jeder Mensch empfände anders und könne für sich selbst entscheiden, ob es sich bei einem Graffiti um Kunst handelte oder nicht.
Was Daschu den Menschen mitgeben möchte
Schaut genau hin und urteilt nicht voreilig, sondern schaut euch die Graffitis erst einmal wirklich an, sagt Daschu in unserem Interview. Ein geschultes Auge könne zwischen Geschmiere und „coolem Graffiti“ differenzieren. „Es gibt auch viel gutes Graffiti, das im illegalen Bereich entstanden ist.“, sagt er außerdem und bezieht sich damit auch auf den wohl bekanntesten Street Art Künstler Banksy, welcher in der Kunstszene hoch angesehen ist. Nichtsdestotrotz möchte Daschu den Menschen ans Herz legen auf illegales Sprühen zu verzichten. Denn es gibt durchaus extra von den Städten freigegebene Flächen, an denen Künstler sprühen und die Umgebung mit ihren Werken ganz legal verschönern dürfen.
Natürlich ist die Kunst, die Daschu macht nicht zu vergleichen mit den illegalen Schmierereien an öffentlichen Orten. Vor allem diese sehen Städte wie Biberach und Heidenheim als Problem. Wir haben nachgefragt, wie sie damit umgehen.
Umgang
Die Stadt führt keine Statistik über illegale Graffitis. Auch ohne konkrete Zahlen ist eine Zunahme an Sachbeschädigungen an Biberachs Flächen festzustellen. Betroffen sind vor allem Außenbauwerke wie Brücken, Schaltkästen, öffentliche WC-Anlagen und natürlich Unterführungen. Sobald öffentliche Gebäude betroffen sind, stellt die Stadt Anzeige gegen Unbekannt.
Reinigung
Die Stadt sieht die Beseitigung von Schmierereien als eine sehr teure Daueraufgabe, die zusätzlich den Steuerzahler viel Geld kostet. Jährlich gibt die Stadt Biberach zwischen 5.000-10.000 Euro für die Beseitigung jeglicher Graffitis aus.
Spezialfälle
Schmierereien mit Extremistischem Kontext werden von der Stadt unverzüglich entfernt. Dies passiert recht schnell dank der Hilfe der Mitarbeiter des Baubetriebsamts und des kommunalen Ordnungsdienstes.
Prävention
Markante Stellen werden von der Stadt, ganz offiziell und mit Erlaubnis, durch den Künstler Daschu gestaltet. Dieser gibt für die Bürger auch Workshops. Somit soll das Bewusstsein geschafft werden das Graffiti auch Kunst sein kann, und ab wann dies der Fall ist. Die Schwelle künstlerisch gestaltete Kunst zu übersprühen ist höher, jedoch ist das kein Garant dafür vor Schmierereien verschont zu werden.
Umgang
Die Stadt kann nur dann einschreiten, sobald öffentliches Eigentum beschädigt wird. Wobei von künstlerischem Graffiti und Schmierereien unterschieden wird. Bei Schmierereien auf Telefon-Kästen kann die Stadt nicht einschreiten, da dieses Privateigentum der Firmen sind.
Reinigung
Unterführungen werden durch städtische Betriebe jährlich 2-3 mal vollständig gereinigt. Die Kosten pro Unterführung belaufen sich so auf 1.200 Euro. Buswartehäuschen werden 1-2 mal im Monat gereinigt. Pro Bushaltestelle fallen hier etwa 300 Euro an. Um solche Schmierereien zu entfernen, streicht die Stadt erst mit einer Spezial-Farbe vor und danach nochmal zweimal mit der Wandfarbe darüber. Der gesamte Aufwand kostete die Stadt im vergangenen Jahr deutlich mehr als 10.000 Euro.
Spezialfälle
Handelt es sich allerdings um verfassungsfeindliche, rassistische, antisemitistische oder beleidigende Hintergründe, kümmern sich die Mitarbeiter der Städtischen Betriebe mit höchster Priorität darum.