Wer hätte das gedacht? Nachdem Ulms Münster-Dekan Ernst-Wilhelm Gohl seine Kandidatur nach zwei erfolglosen Wahlgängen zurückgezogen hatte, hatten seine Gegenkandidaten auch in den nächsten beiden Wahlgängen keine Mehrheit bekommen. Damit galt die Wahl vorerst als gescheitert.
In Folge wurde Ulms Dekan Gohl vom Kirchenparlament nochmal neu nominiert und zur Wahl gestellt – und im 5. Wahlgang mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit von 57 von 84 Stimmen tatsächlich, wenn auch knapp, gewählt.
Neben Ulms Dekan Gohl kandidierten Gottfried Heinzmann von der „Zieglerschen“ aus Wilhelmsdorf und Viola Schrenk vom Evangelischen Stift in Tübingen.
„Ich finde, es ist ein starkes Zeichen, dass wir über alle Unterschiede hinweg uns einigen konnten,“ sagte Gohl dann, selbst erstmal überrascht, zur Wahl, „Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen für die künftige Zusammenarbeit. Der Geist Jesu führt zusammen. Das möchte ich auch als wichtiges Signal in unsere Gesellschaft hineinsenden.“
Die 16. Württembergische Evangelische Landessynode hat also am Samstag, den 19. März 2022 Ernst Wilhelm Gohl zum neuen Landesbischof der württembergischen Landeskirche gewählt. Seine offizielle Einsetzung wird am 24. Juli bei einem Gottesdienst in der Stuttgarter Stiftskirche erfolgen. Im gleichen Gottesdienst wird der amtierende Landesbischof Frank Otfried July in den Ruhestand verabschiedet.
Privat ist Gohl wichtig, mit Familie und Freunden zusammen zu sein, und dreimal in der Woche schnürt er seine Joggingschuhe zum Laufen.
In der württembergischen Landeskirche werden die Synodalen und damit die Landessynode (Kirchenparlament), die auch Bischofswahlgremium ist, von den Gemeindegliedern direkt gewählt. Innerhalb der Landessynode gibt es derzeit vier Gesprächskreise. Die Synodalen vertreten die vielfältigen Interessen der knapp 1,9 Mio. Kirchenmitglieder.
„Ich gratuliere sehr herzlich und wünsche Gottes Segensgeleit,“ sagte Landesbischof Frank Otfried July an seinen Nachfolger gerichtet. „Ich freue mich, dass in den Herausforderungen und Veränderungsprozessen der nächsten Jahre mit Ernst-Wilhelm Gohl eine Person Verantwortung übernimmt, die gewillt ist, diese Prozesse mitzusteuern und mitzugestalten und dies im geistlichen Horizont des Auftrags der Landeskirche, das Evangelium von Jesus Christus zu verkündigen. Gerne werde ich in den nächsten Wochen im Gespräch mit Herrn Gohl eine gute Übergabe vorbereiten.“
Synodalpräsidentin Sabine Foth, die auch Vorsitzende des Wahl-Nominierungsausschusses ist, erklärte: „Mit Ernst-Wilhelm Gohl ist ein Pfarrer an die Spitze der Landeskirche gewählt worden, der vielfältige Erfahrungen in unterschiedlichen Arbeitsfeldern als Theologe gesammelt hat und diese nun der gesamten Kirche zugutekommen lässt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm.“
Auch Dekan Frithjof Schwesig vom Evangelischen Kirchenbezirk Blaubeuren gratuliert: „Ich freue mich für unsere Landeskirche. Ernst-Wilhelm Gohl ist eine ausgezeichnete Wahl! Er wird ein guter Landesbischof sein. Er kennt die Sorgen und Nöte der Kirchengemeinden und die kirchlichen Strukturen. Er bringt ein klares theologische Profil mit in das neue Amt. Auf der anderen Seite bedaure ich seinen Weggang, weil ich mit ihm und dem Kirchenbezirk Ulm gut zusammenarbeite.“
Und wie Dekan Schwesig ist auch in der Ulmer Gesellschaft die Freude groß, aber es wird auch getrauert, denn spätestens im Juli, wenn Gohl sein neues Amt antritt, wird er nach Stuttgart umgezogen sein – und Ulm sehr fehlen!
„Ich freue mich sehr für die Landeskirche und Ernst-Wilhelm Gohl, aber ich bin todtraurig, dass er Ulm verlässt.“ So reagierte z.B. die Ulmer Prälatin Gabriele Wulz gegenüber der swp.
Bleibt die Frage zum Schluß: Wer wird seine Nachfolge als Ulmer Münster-Dekan antreten? Das wird über eine Ausschreibung geregelt. Bis eine Nachfolge dann gefunden ist, kann noch ein ganzes Jahr dauern. Bis dahin übernehmen Prälatin Gabriele Wulz und der Blaubeurer Dekan Frithjof Schwesig die Vertretung.
(Foto: Landesbischof Frank Otfried July, Ulms Münster-Dekan Ernst-Wilhelm Gohl, Synodalpräsidentin Sabine Foth)