In Grünwald, einer Gemeinde am Rand von München, hat am 28. Februar der Gemeinderat in seiner Sitzung beschlossen kein flächendeckendes Tempolimit von 30 km/h einzuführen, es bleibt bei Tempo 50. Dabei ist besonders ein Argument der CSU aufgefallen: Viele Grünwalder würden "dicke Autos" fahren, deshalb sei eine Umsetzung von Tempo 30 nicht möglich.
Viele Anwohner des staatlich anerkannten Erholungsorts wünschen sich in Grünwald ein flächendeckendes Tempolimit von 30 km/h. Was in umliegenden Ortschaften, wie Oberhaching längst Realität ist, scheint in Grünwald unmöglich. Die Straßenverkehrsordnung ließe das nicht zu, so die Aussage des Rathauses gegenüber der Süddeutschen Zeitung, da es die Autofahrer ausbremse. Doch CSU-Gemeinderat Thomas Lindbüchl lässt noch einen anderen Grund für die Haltung durchscheinen: Die schnellen und großen Fahrzeuge im Millionärsvorort, wie SUVs oder Sportwagen.
"Die Leute fahren in den 30er-Zonen eh 50". In Grünwald hätten viele Leute große Autos. Wenn man da aufs Gas trete, sei man gleich bei 50. "Mit diesen Autos kann man gar nicht 30 fahren.", zitiert die Süddeutsche Zeitung Lindbüchl (CSU).
Ein DONAU 3 FM Hörer kommentiert: "Diese Begründung ist aberwitzig und skandalträchtig". Auch Hörerin Karin findet, dass ein Tempolimit nicht "Auto-Abhängig" sein dürfe.
Lindbüchl hat mit seiner Haltung Erfolg. Vier von 21 Gemeinderäten stimmten für das Tempolimit, wie Medien berichten. Das flächendeckende Tempolimit wurde damit erneut nicht bewilligt.
Ein erneuter Antrag war der Auslöser für die Debatte. Die Bürgerversammlung hatte wie jedes Jahr den Antrag gestellt. Seit 2008 besteht an den Anliegerstraßen und Teilstrecken, wie an Schulen oder Kindergärten, Tempo 30. Die Ratshausverwaltung betont, dass ihrer Ansicht nach nicht mehr ginge. Es seien keine Gefahren und somit keine Senkung des Tempolimits nötig. Geprüft werde das regelmäßig von der Polizeiinspektion.
Doch es gibt auch Gegenstimmen. "Das Thema beschäftigt uns jetzt seit über 20 Jahren, es brennt der Bürgerschaft auf den Nägeln, denn nach wie vor gibt es viele Anträge dazu", sagte Achim Zeppenfeld (SPD) der Süddeutschen Zeitung. Er wolle sich für eine erneute Prüfung des Antrags einsetzen. Auch Angela Zahn (FDP) sieht eine baldige Änderung in der Politik. Der Deutsche Städtetag arbeite an der Anpassung des Verkehrsrechts. Ziel ist, dass die Kommunen selbst entscheiden können, welche Tempolimits sie festlegen.
Neben der Aussage des Rathauses, die Straßenverkehrsordnung ließe ein Tempolimit anscheinend nicht zu und Lindbüchls Argument, Fahrer würden sich an das Tempolimit nicht einhalten würden, wirft die CSU ein, dass es die sogenannten Sammelstraßen seit der Umplanung Grünwalds gäbe. Diese verhindern, dass sich der Verkehr keinen anderen Weg suche, die bislang nicht belastet gewesen seien.
Die Bürgerinitiative Pro Tempo 50 - gegen Tempo 30 meint außerdem, Tempo 30 führe zu einem erhöhten Staurisiko in Stoßzeiten.
Das Umweltbundesamt schreibt 2016 in ihrer Broschüre, dass die Wirkung von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen "in den meisten Fällen keinen nennenswerten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit einer Hauptverkehrsstraße für den Kfz-Verkehr" aufweise. Im Gegenteil, "Der Verkehrsfluss kann Messungen zufolge bei Tempo 30 besser sein als bei Tempo 50". Auch eine "signifikante Geschwindigkeitssenkung zeichne sich ab, trotz häufiger Überschreitungen.". Zudem reduziere Tempo 30 die Luftschadstoff- und Lärmbelastung.