Seit 1911 wird am 8. März der "Internationale Frauentag" gefeiert. An diesem Tag soll auf die Gleichberechtigung von den Geschlechtern aufmerksam gemacht werden und somit die Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung gefeiert, aber auch auf noch bestehende Diskriminierungen und Ungleichheiten von Mann und Frau aufmerksam gemacht werden.
Auch heute ist die Geschlechtergleichstellung noch ein großes Thema. Zwar ist es über die Jahre besser geworden, aber wir sind noch lange nicht da, wo wir sein sollten. Wir haben mit Frauen in höheren Führungspositionen über die Entwicklung der Gleichstellung von Mann und Frau und die Bedeutung des Weltfrauentags gesprochen.
Britta Wirtz ist seit 2009 Chefin der Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH. Damit steht sie bisher am längsten an der Spitze der Messe. Sie prägt Kultur und Wirtschaft in der Fächerstadt wie kaum jemand anderes.
Britta, wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, dass der Weltfrauentag gefeiert wird?
Sehr wichtig. Er zeichnet ein Bild von den Dingen ab, die wir immer noch sehen, wahrnehmen und statistisch feststellen müssen. Die Gleichheit von Frau und Mann, sowie sie in der deutschen Verfassung niedergeschrieben ist, ist in vielen Bereichen noch nicht dort, wo sie sein sollte. Gleichzeitig glaube ich, dass wir insbesondere nach Corona wieder häufiger klassische Rollenmodelle sehen, und das treibt mir Sorgenfalten auf die Stirn. Als zu Coronazeiten beispielsweise die Kindertagesstätten schließen mussten, war es für viele selbstverständlich, dass Frauen sich um ihre Kinder und den Haushalt kümmern. Die Coronazeit hat somit zum Teil dafür gesorgt, dass es wieder einen Rückschritt in alte Muster gab, was Familienarbeit etc. angeht.
Daher kann man meiner Meinung ganz klar sagen: ja, wir brauchen den internationalen Frauentag und es ist wichtig, auf die Themen aufmerksam zu machen.
Sind wir in Deutschland auf einem guten Weg, was die Gleichstellung angeht?
In unserer Messewelt gibt es ein Ungleichgewicht, das gerade das Messe machen tun betrifft. Bundesweit sind es rund 65 Prozent der Frauen, die im Management tätig sind. Aber im Top-Management sind es dann tatsächlich in ganz Deutschland nur zwei Frauen. Das sind zum einen meine Kollegin Sabine Loos und meine Wenigkeit. Natürlich stellt man da fest, dass es bei Branchentreffen, gerade für Deutschland, sehr augenfällig ist, dass da sehr wenig Frauen anwesend sind. Im internationalen Umfeld, auch gerade in der privaten Messewirtschaft würde ich sagen, ist es schon deutlich ausgewogener. Mich stört es grundsätzlich erstmal nicht. Ich bin meinen Weg in den letzten 15 Jahren in Karlsruhe gegangen. Die Leute haben sich in meinem Umfeld daran gewöhnt, dass ich in einer Führungsposition stehe. Aber außerhalb ist die Messegemeinschaft noch sehr männerdominiert.
Nora Waggershauser ist Geschäftsführung der Baden-Baden Kur & Tourismus GmbH.
Nora, wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, den Weltfrauentag zu feiern?
Ich finde, dass der Weltfrauentag wichtig ist, da man durch diesen die Menschen dafür sensibilisieren kann, wie wichtig die Thematik rund um die Frauenrechte ist. Man muss zeigen, dass es wichtig ist, diese weiter zu verfolgen und zu thematisieren. Ich finde es ist auch ein Tag, an dem Frauen wertgeschätzt werden, was ich natürlich sehr schön finde.
Ihr Eindruck der letzten 20 Jahre in der Geschäftswelt: Wie sieht es da mit der Gleichstellung aus?
Also ich finde, dass wenn man da auch nur 5-10 Jahre zurückschaut, kann man gut sehen, dass sich da viel bewegt hat. Man sieht mittlerweile viele Frauen in Führungspositionen und auch viele Frauen, die arbeiten, obwohl sie eine Familie haben. Es werden mehr Möglichkeiten geschaffen, um den Einstieg für Mamas zu erleichtern, die wieder zurück ins Berufsleben wollen. An vielen Fronten, auch in der Führungsebene oder der Politik wird versucht, den Frauen, die eine Familie haben, aber trotzdem arbeiten möchten, den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern.
Ich bin selbst eine Frau in einer Führungsposition und ich muss sagen, dass es trotz der Maßnahmen, die getätigt wurden, selten vorkommt, dass noch andere Frauen außer mir an bestimmten Konferenzen teilnehmen. Wenn außer mir noch eine andere Frau da ist, ist das schon viel. Ich bin von vielen Männern in meinem Job umgeben. Ich muss sagen: es hat sich zwar in den letzten Jahren viel getan, aber die Frauen sind in manchen Positionen nicht so vertreten, wie sie es eigentlich sein sollten.
Was würden Sie denn jeder Frau raten, die in der Geschäftswelt mit sich hadert und unsicher ist, sich für eine Führungsposition zu bewerben?
Das Wichtigste ist, dass man an sich selbst glaubt. Wenn man von sich selbst überzeugt ist, kann man andere auch von sich überzeugen. Man muss als Führungskraft nicht unbedingt alles können, aber man muss wissen, wo man sich das Wissen, das man selbst nicht hat, aneignen kann oder wie man sich ein Team zusammenstellen kann, bei dem klar ist, dass man die Führungskraft ist, aber dennoch alle zusammenarbeiten können.
Ich würde Frauen raten, es zu versuchen und sich einfach zu bewerben, da man sonst später denken könnte: hätte ich damals doch nur.
Gerade auch junge Frauen müssen es probieren und sich beweisen. Sie können damit als Beispiel vorangehen und zeigen, dass es funktionieren kann. Wenn mal etwas nicht funktioniert, merkt man das. Es ist nicht schlimm, sich einen Fehler einzugestehen. Es ist nur wichtig wieder aufzustehen, das Krönchen zu richten und weiterzumachen.
Tijen Onaran ist Unternehmerin aus Karlsruhe und ihr kennt Sie vielleicht auch als Investorin aus den aktuellen Staffeln von der VOX-Sendung Die Höhle der Löwen.
Tijen, wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, sowas wie den Weltfrauentag zu feiern?
Der Weltfrauentag ist wichtiger denn je. Wir sehen momentan, dass unsere Demokratie von allen Seiten angegriffen wird. Diversität bedeutet Demokratie. Eine gute Demokratie fußt nun Mal auf einer Diversität. Diversity bedeutet am Ende Geschlechtervielfalt. Es bedeutet, dass jede Frau, die in einem Unternehmen aufsteigen möchte, dieselben Chancen haben sollte wie ein Mann. Da wir derzeit sehen, dass es in unserem Land Kräfte gibt, die die Demokratie in Frage stellen, ist es umso wichtiger, dass es Initiativen, Tage, Kampagnen und Organisationen gibt, welche sich täglich für die Diversität, aber auch die Demokratie einsetzen.
Sie sind in der Wirtschaft viel als Unternehmerin und Investorin unterwegs. Ist es heute noch etwas Besonderes, als Frau erfolgreich zu sein?
Es ist immer noch etwas Besonderes. Wenn wir uns die Zahlen angucken, sprechen diese eine eindeutige Sprache. In der Wirtschaft sind beispielsweise nur 27-28 Prozent der Frauen tätig. Das ist schon einiges, aber da wir Frauen mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, bilden die 27 Prozent noch nichts ab. Wenn wir uns den Anteil der weiblichen Gründerinnen in der Start-up-Szene angucken, liegen wir hier nur bei etwa 20 Prozent und wenn wir auf die Finanzierung der Start-ups blicken und somit auf die Risikokapital Firmen sehen wir, dass 97 Prozent dieser von Männern geführt werden. Auch hier ist noch viel zu tun.
Es ist wichtiger denn je, dass wir das, was wir die letzten Jahre angegangen sind, das heißt, all die Initiativen, die Tage, die Organisationen und Kampagnen umsetzen. Das heißt, wir dürfen es nicht bei diesen belassen, sondern müssen uns dafür einsetzen, dass Frauen dieselben Chancen haben wie Männer, dass sie fair und gleich bezahlt werden und dass diejenigen, die nach dem Mutterschutz wieder zurück in die Arbeitswelt wollen nicht schräg angeguckt werden.