Zwei Tage nach der Messer-Attacke auf zwei Schülerinnen ist heute die dabei getötete 14-jährige Ece beigesetzt worden. Rund tausend Trauergäste kamen auf den Friedhof in Oberkirchberg, um Abschied zu nehmen.
Unterdessen hat Illerkirchbergs Bürgermeister Markus Häußler sich mit einem offenen Brief an die Bürger seiner Gemeinde gewandt. Er erklärte darin, wie die Aufteilung der Asylsuchenden von statten geht, wie in der Gemeinde Illerkirchberg die Geflüchteten integriert werden und bat darum, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und nicht zu verallgemeinern.
Es sei nachvollziehbar, dass die Frage nach Sicherheit im Raum stehe, allerdings sei dieses heimtückische Verbrechen von einer einzelnen Person begangen worden, nicht von einer ganzen Bevölkerungsgruppe. Bürgermeister Häußler will Innenminister Strobl beim Wort nehmen. Der hatte bei seinem Blitz-Besuch am gestrigen Dienstag versichert, alles dafür zu tun, diese brutale Tat aufzuklären!
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
die unfassbare Tat, durch die ein 14-jähriges Mädchen aus der Mitte unserer Gemeinde gerissen und ein 13-jähriges Mädchen schwer verletzt wurde, hat uns alle geschockt. Wir stehen gemeinsam an der Seite der beiden Familien, um ihnen zu zeigen: Sie sind nicht alleine in dieser schwierigen Situation! Ich bitte Sie, ihnen und dem überlebenden Mädchen Zeit zu lassen, die schrecklichen Ereignisse, soweit überhaupt möglich, zu verarbeiten. Ich bin gerührt, wie viele von Ihnen Anteil nehmen und wie die Gemeinde zusammensteht.
Auch im Rathaus sind zahlreiche Beileidsbekundungen eingegangen. Wir werden die Kondolenzschreiben gesammelt den Angehörigen der Mädchen übergeben. Ich bedanke mich ganz herzlich bei all jenen, die die Betroffenen in diesen schweren Zeiten unterstützen oder mit ihren Gedanken bei ihnen sind! Mir ist bewusst, dass die Tat viele Fragen und Sicherheitsbedenken aufwirft – auch solche Rückmeldungen erhalten wir. Daher möchte ich nicht nur meine Trauer über diese schrecklichen Ereignisse in unserer Gemeinde ausdrücken, sondern Ihnen auch Auskunft zu zwei zentralen Fragen geben, die mir Bürgerinnen und Bürger gestellt haben. Es ist nachvollziehbar, dass die Frage nach Sicherheit im Raum steht.
Ich bin sehr froh, dass der mutmaßliche Täter bereits festgenommen worden ist und nach Auskunft der Polizei keine Gefährdungslage mehr besteht. Viele Bürgerinnen und Bürger hatten zudem grundsätzliche Fragen zur Flüchtlingsunterbringung, daher möchte ich Ihnen die Struktur erläutern. Die Landkreise und Kommunen sind die untersten Aufnahmebehörden – das Land weist uns weiterhin neue Geflüchtete zu und wir sind verpflichtet, die Menschen bei uns unterzubringen. Wir müssen die Politik, die auf Bundes- und Landesebene beschlossen wird, umsetzen – so ist unser Staat aufgebaut. Dabei haben wir nahezu keine Spielräume. Der Krieg in der Ukraine hat eine Flüchtlingswelle ausgelöst und auch die Zahl der Geflüchteten aus anderen Ländern ist deutlich gestiegen. Staatsminister Lorek hat in seinem Schreiben vom 25. August 2022 mitgeteilt, dass das Land den Kommunen fortan Geflüchtete direkt zuweisen wird, unabhängig von den Kapazitäten. Das ist für die Städte und Gemeinden eine sehr herausfordernde Situation und wir versuchen, die Geflüchteten so gut unterzubringen, wie es geht – denn letztlich geht es hier um Menschen. Die politischen Diskussionen darüber müssen allerdings auf Bundes- und Landesebene stattfinden.
In Illerkirchberg sind derzeit rund 50 Asylbewerberinnen und Asylbewerber in den fünf kommunalen Anschlussunterkünften untergebracht. Außerdem leben knapp 30 Geflüchtete aus der Ukraine in privaten Wohnungen. Die Anschlussunterbringung ist die letzte Stufe des dreigliedrigen Aufnahmesystems in Baden-Württemberg, die Menschen sind daher in der Regel schon einige Monate bis Jahre in Deutschland. Die Anschlussunterbringung in den Städten und Gemeinden dient dazu, die Geflüchteten vor Ort zu integrieren. Wir begleiten die Menschen und suchen regelmäßig die Unterkünfte auf, um uns ein Bild der Situation vor Ort zu machen. Unser ehrenamtlicher Helferkreis unterstützt die Geflüchteten in Illerkirchberg zudem sehr engagiert. Wenn wir Auffälligkeiten im Verhalten einzelner Personen feststellen oder Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalten, gehen wir dem nach und schalten bei Bedarf die Polizei ein. Nach allem, was wir derzeit wissen, gab es vor der Tat keine Warnzeichen.
Welche Hintergründe die Tat hat und was das Motiv des mutmaßlichen Täters war, müssen die Ermittlungen der Polizei ergeben. Ich bitte Sie, den bei uns lebenden Geflüchteten aller Nationen weiterhin offen zu begegnen und diese nicht unter Generalverdacht zu stellen. Der Angriff auf die beiden Mädchen muss mit aller Konsequenz verfolgt und bestraft werden – dieses heimtückische Verbrechen hat aber eine einzelne Person begangen, nicht eine Bevölkerungsgruppe. Auch im Hinblick auf die Opfer und ihre Familien halte ich es für wichtig, jeder Äußerung von Ausländerfeindlichkeit entschieden entgegenzutreten. Ich danke daher herzlich all jenen Bürgerinnen und Bürgern, die während der Mahnwache am Montagabend, dem 5. Dezember, den Menschen Einhalt geboten haben, die die Mahnwache mit hetzerischen Parolen vereinnahmen wollten. In unserer gemeinsamen Trauer um den Verlust eines so jungen Lebens haben Grenzüberschreitungen keinen Platz. Herr Innenminister Strobl hat bei seinem Besuch in Illerkirchberg versichert, dass alles dafür getan wird, diese brutale Tat aufzuklären. Als oberster Dienstherr der Polizei in Baden-Württemberg und der Ausländerbehörde nehme ich ihn beim Wort!
Ein Mann hatte Ece und eine Klassenkameradin am Montag Morgen auf offener Straße mit einem Messer angegriffen. Die Beiden waren gerade auf dem Weg zum Schulbus. Beide wurden schwer verletzt, Ece musste bereits am Tatort reanimiert werden und verstarb wenig später im Krankenhaus. Ihre Freundin wurde ebenfalls schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt.
Gegen den Tatverdächtigen, ein 27-jähriger Asylsuchender aus Eritrea, wurde am Dienstag ein Haftbefehl wegen Mordes und versuchten Mordes erlassen. Er befindet sich verletzt in einem Justizvollzugskrankenhaus. Die Hintergründe der Tat bleiben allerdings weiterhin völlig unklar. Der Tatverdächtige schweigt und berufe sich auf sein Aussageverweigerungsrecht.