Großkontrollen in Ulm: Die Stadt geht zusammen mit der Polizei konsequent gegen Poser, Raser und illegales Tuning vor.
Gefahren im Straßenverkehr entstehen nicht nur durch zu schnelles Fahren oder Ablenkung. Genauso gefährlich ist das Verhalten von Fahrern, die die Umwelt beeinträchtigen: durch Abgase und Lärm. Oder durch gefährliche Umbauten an ihren Autos. Die Stadt Ulm und die Polizei gehen jetzt gemeinsam gegen diese Ursachen und auch gegen die Verursacher vor. Sie wollen damit die Stadt sicherer und lebenswerter machen.
Unnötiges Hin- und Herfahren in der Stadt, Lärm durch zu laute Autos, Fahrzeuge, die auf dem Innenstadtring immer wieder ihre Kreise drehen, Autos, die zu schnell unterwegs sind oder plötzlich stark beschleunigen und wieder abbremsen: Die Handlungen, mit denen manche Autofahrer auf sich aufmerksam machen und dabei auch noch gefährlich oder umweltschädlich handeln, sind vielfältig.
Darunter leiden nicht nur die Anwohner der Straßen, auch die anderen Verkehrsteilnehmer erkennen weder die von der Straßenverkehrsordnung geforderte Vorsicht, noch die notwendige Rücksicht. Sie beschweren sich zu recht regelmäßig bei der Stadtverwaltung und bei der Polizei und erwarten auch, dass die Behörden dagegen vorgehen. Deshalb haben Stadt und Polizei jetzt ein konsequentes Vorgehen in enger Kooperation vereinbart.
Das Problem hat Ulm längst erreicht: Aus dem Altstadtring, dem Marktplatz und neuerdings auch aus der Blaubeurer Straße sind echte Brennpunkte geworden. Die Polizei hat auch schon in den letzten Jahren Kontrollen durchgeführt und immer wieder Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen. Und jedes Frühjahr flammt dasselbe Problem aufs Neue wieder auf. Um diesem Treiben Einhalt zu gebieten, haben die Ulmer Behörden jetzt einen engeren Schulterschluss vereinbart. Ziel ist die konsequentere Umsetzung der Vorschriften, etwa zur Vermeidung von Lärm und Abgasen.
„Wer mit absichtlichen Fehlzündungen lauten Knall verursacht, die Reifen quietschen oder den Motor im Stand unnötig aufheulen lässt, wer mit kurzen Vollgas-Sprints lärmt, der verhält sich nicht nur unsozial, sondern auch umweltschädlich“, stellt Oberbürgermeister Gunter Czisch unmissverständlich klar. Dabei sei das Umweltbewusstsein bei den Menschen noch nie so ausgeprägt gewesen wie jetzt. Junge Menschen gehen in Massen für den Schutz der Umwelt auf die Straße, die Politik stellt die Weichen für umweltfreundlichere Energiegewinnung, die Luft in den Städten Deutschlands hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich an Qualität gewonnen. Der Staat habe in dieser Richtung entscheidende Fortschritte gemacht, während einzelne noch immer alten Mustern nachrennen und mit ihren Fahrzeugen auf schädliche Weise protzen.
Eine andere Gruppe verhalte sich gefährlich, indem sie sich gegenseitig auf öffentlichen Straßen Rennen lieferten, teils mit illegal umgebauten Fahrzeugen. „Die Straßenverkehrsordnung baut auf ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Wer die außen vor lässt, schafft Gefahren und verursacht mitunter schwere Verkehrsunfälle mit unnötigen Leid und hohen Schäden“, sagt der Ulmer Polizeipräsident Bernhard Weber. Die Polizei reagiere mit Schwerpunktkontrollen auf dieses gefährliche Verhalten. Bei den Kontrollen schauen sich die Polizisten auch die Fahrzeuge genauer an. Denn oft sind Autos derart umgebaut, dass der Betrieb ohne Gefahr für Dritte gar nicht mehr möglich ist. Diese Autos zieht die Polizei dann konsequent aus dem Verkehr.
So eine Kontrolle führte die Polizei am Freitag (14. August 2020) in Ulm durch. Die Polizisten kontrollierten zwischen 19:00 und 01:00 Uhr den Fahrzeugverkehr im Ulmer Stadtgebiet. Insgesamt elf überwiegend junge Fahrer verursachten durch starkes Beschleunigen und kurze Vollgassprints unnötigen Lärm und kassierten dafür eine Anzeige. Vier weitere haben dazu eine Anzeige und jeweils einem Punkt bekommen, weil sie deutlich zu schnell unterwegs waren.
Gegen 21:35 Uhr bog ein 20-jähriger Fahranfänger mit seinem 300 PS starken BMW von der Frauenstraße in die Neue Straße ab und beschleunigte anschließend derart stark, dass er noch auf Höhe des Rathauses eine Geschwindigkeit von über 80 km/h erreicht hatte. Eine Polizeistreife beobachtete das und konnte den jungen Mann kurze Zeit später aus dem Verkehr ziehen. Ihn erwartet nun eine Anzeige wegen illegalem Autorennen. Seinen Führerschein musste er vorerst abgeben.
Neun Fahrzeuge, bei denen nicht alles in Ordnung zu sein schien, wurden von den Beamten zu einer Kontrollstelle gelotst, wo die Fahrzeuge einer intensiven Begutachtung unterzogen wurden. Ziel der Kontrollen war dort insbesondere, Gefahren durch falsch umgebaute Fahrzeuge zu erkennen. Dass es solche gibt, zeigt das Ergebnis: Insgesamt war an fünf Fahrzeugen die Betriebserlaubnis erloschen. Insbesondere deshalb, weil die Abgasanlagen manipuliert und die Fahrzeuge somit deutlich lauter als erlaubt waren. In einem Fall waren die Veränderungen sogar so gravierend, dass das Fahrzeug als verkehrsgefährdend eingestuft wurde.
Gegen 00:25 Uhr fuhr ein 22-jähriger Fahrer auf der Blaubeurer Straße. Als er einer Verkehrskontrolle unterzogen wurde, entstand gegen ihn der Verdacht, dass er unter Drogeneinfluss stand. Dieser Verdacht wurde durch einen Drogentest bestätigt. Der Mann musste eine Blutprobe abgeben und hat eine Anzeige am Hals.
Um zielgerichteter vorgehen zu können, gibt die Polizei den Anwohnern, Passanten, Wirten, Gewerbetreibenden und anderen Zeugen eine einfache Möglichkeit, auffällige Fahrer zu melden: Per E-Mail an ulm.pp.poser@polizei.bwl.de können Hinweise mit Tag, Uhrzeit, Ort, Kennzeichen, Farbe und Typ des Fahrzeugs und einer Beschreibung des auffälligen Verhaltens geschickt werden. Die Polizei nimmt diese Hinweise aber auch telefonisch (Tel. 0731/1880) oder persönlich entgegen. Die Polizei bittet dabei darum, zeitlich dringende Ereignisse nicht per E-Mail, sondern telefonisch zu melden.
Die Behörden melden auffällige Fahrer den Führerscheinstellen, damit diese prüfen können, ob die Fahrer noch die erforderliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen haben. Bei jedem Verstoß sollen die Bußgelder erhöht werden, vom einfachen über den doppelten zum dreifachen Satz. Wer sich als unbelehrbar erweist, der erhält eine Verbotsverfügung mit der Androhung von Zwangsgeld. Doch soweit soll es gar nicht kommen. Die Behörden gehen davon aus, dass schon die ersten Maßnahmen ihre Erfolge zeigen werden.
„Eine Stadt ist eine Gemeinschaft, ein Sozialgefüge, das davon lebt, dass die Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Wer hier ausschert und andere gefährdet, muss die Konsequenzen spüren“, bekräftigt OB Czisch die Notwendigkeit dieser Maßnahmen. „Und wir als Polizei werden unseren Teil dazu beitragen, den Menschen ein Garant für die Sicherheit in der Region zu sein. Für die Sicherheit auf der Straße und im Miteinander“, ergänzt Polizeipräsident Weber.