Das Cineplex-Kino in Biberach erstrahlt nach umfassenden Modernisierungsarbeiten in neuem Glanz. Mit modernster Technik, verbessertem Komfort und einem nachhaltigen Konzept setzt es Maßstäbe für das Kinoerlebnis der Zukunft. Gleichzeitig blickt das Haus auf eine bewegte Geschichte mit prägenden Besitzern und wichtigen kulturellen Beiträgen zur Stadt: Hier wurden in den 1970er Jahren die Biberacher Filmfestspiele gegründet.
In den vergangenen Monaten wurden die beiden größten Säle, 1 und 6, grundlegend erneuert. Besucher erwarten hier hochauflösende 4K-Projektionen für gestochen scharfe Bilder und das fortschrittliche Soundsystem Dolby Atmos mit 44 Kanälen, das ein immersives Klangerlebnis bietet. Eine besondere Attraktion sind die neuen D-Box-Motion-Sitze, die sich passend zu Filmeffekten bewegen und so ein intensives Erlebnis schaffen. Animierte LED-Beleuchtungen, die sich individuell auf den Film abstimmen lassen, runden die technische Ausstattung ab.
Ergänzend wurden in mehreren Sälen luxuriöse Recliner-Sessel installiert, die sich per Knopfdruck in eine Liegeposition verstellen lassen und mit einer Sitzheizung ausgestattet sind. Auch die Standard-Sitze wurden erneuert und bieten jetzt deutlich mehr Komfort.
Ein wichtiger Schritt zur Nachhaltigkeit ist die Einführung eines Mehrwegbechersystems, das die bisherigen Einwegbecher ersetzt. Die neuen Becher können bis zu 800 Mal wiederverwendet und direkt vor Ort gereinigt werden. Dieses Konzept reduziert Abfall erheblich und setzt ein Zeichen für Umweltschutz. Das Kinoerlebnis wird durch die neue Gastronomie „Peach Pit“ im American-Diner-Stil ergänzt. Seit Oktober bietet das Lokal eine moderne Anlaufstelle für Besucher, die vor oder nach dem Film speisen möchten. Die Eröffnung fand während der diesjährigen Biberacher Filmfestspiele statt.
Betreiber Roman Sailer, der das Kino im Juli 2023 übernahm, hat bereits über eine Million Euro in die Modernisierung investiert. Geplant sind weitere Arbeiten, darunter die Erneuerung der kleineren Säle, wie das historische „Sternchen“, sowie des Foyers. Ziel ist es, den Standort langfristig zukunftsfähig zu machen.
Das Kino in Biberach hat eine über 100-jährige Tradition und wurde durch mehrere Besitzer geprägt.
Gottlob Friedrich Erpff (1877–1955) aus Schwäbisch Gmünd eröffnete am 16. März 1912 unter dem Festsaal des damaligen Hotels „Zur Krone“ in der Viehmarktstraße das erste Biberacher „Lichtspielhaus“. Damals ein mutiger Schritt, denn „Kino“ war einst noch nicht viel mehr, als eine Art Jahrmarktsspektakel. Das „Lichtspielhaus“ legte allerdings den Grundstein für die Kinokultur in Biberach.
Sein Schwiegersohn Anton Kutter (1903–1985), deutscher Filmregisseur, Drehbuchautor und Astronom, geboren im historischen Biberacher „Haus zum Kleeblatt“, entwickelte neben seiner Arbeit bei der Bavaria Film in München das Kutter-Schiefspiegelteleskop. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm er das Kino, das später als „Urania-Theater“ bekannt wurde, und ließ es in der Waldseerstraße neu bauen, wo es nach Erweiterungsarbeiten bis heute steht.
Dann übernahm wiederum sein Sohn Adrian Kutter 1972 die Leitung der „Filmtheaterbetriebe Kutter“. Ganze 35 Jahre, also bis 2007, war er dort der Kino-Chef. Und Adrian Kutter gestaltete das Biberacher „Filmtheater“ nicht nur maßgeblich, sondern gründete auch 1979 die Biberacher Filmfestspiele.
Größen wie Wim Wenders und Werner Herzog waren in den Anfangsjahren zu Gast. Werner Herzog war der erste Regisseur, den Adrian Kutter im Dezember 1975 zu einem Premieren-Filmdiskussions-Abend nach Biberach einlud. Seine Begeisterung für die Veranstaltung trug maßgeblich zur Idee der Biberacher Filmfestspiele bei. Und Wim Wenders hinterließ im Gästebuch des „Sternchen“-Kinos einst den Eintrag: „Wenn Kino überlebt, dann hier.“
„Wenn Kino überlebt, dann hier.“ Wim Wenders
Als jährliches Event haben sich die Biberacher Filmfestspiele zu einem kulturellen Highlight entwickelt, das weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Adrian Kutter wurde 2020 zum Ehrenbürger der Stadt Biberach ernannt. Mit seiner Frau, der Schauspielerin Helga Reichert gründete er ein weiteres Filmfestival: die Filmtage Oberschwaben in Ravensburg und Weingarten, deren Leitung Helga Reichert übernahm und bis heute auch innehat.
Nach der Kutter-Ära übernahm die Familie Lochmann das Kino und führte es unter dem Namen „Traumpalast“ weiter. Im Juli 2023 wurde das Kino dann von Roman Sailer in die Cineplex-Gruppe integriert, die es nun als „Cineplex Biberach“ betreibt.
Gleichzeitig bleibt es tief mit der kulturellen Geschichte der Stadt verwurzelt. Es beheimatet seit 2008 auch das Film- und Kinomuseum Baden-Württemberg, ebenfalls von Kino-Ikone Adrian Kutter gegründet und geleitet.