Am Abend des 18. Oktober wurde eine Lesung des rechtsextremen Aktivisten Martin Sellner in Neu-Ulm von der Polizei vorzeitig beendet. Rund 100 Demonstranten hatten sich in der Nähe des Veranstaltungsortes versammelt, um friedlich gegen den Auftritt des österreichischen Kopfes der „Identitären Bewegung“ zu protestieren.
Diese Bewegung ist für ihre rechtsextremen Positionen bekannt, darunter völkisch-nationalistische Ideologien und strikte Ablehnung von Migration und Multikulturalismus. Die „Identitäre Bewegung“ wird in Deutschland vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.
Bereits im Vorfeld hatte der geplante Auftritt von Sellner heftige Kritik ausgelöst. Die Stadt Ulm reagierte darauf, indem sie ein Aufenthaltsverbot für Sellner verhängte, das ihn daran hindern sollte, in der Stadt Veranstaltungen abzuhalten. Sellner musste dem Verbot nachkommen, jedoch konnte er zuvor in Neu-Ulm noch seine Lesung beginnen, bevor diese durch die Polizei aufgrund der Proteste und Sicherheitsbedenken vorzeitig beendet wurde.
Der Einsatz der Polizei zur Beendigung der Veranstaltung stützte sich auf das bayerische Versammlungsgesetz sowie das baden-württembergische Polizeigesetz. Diese Rechtsgrundlagen erlauben es, Veranstaltungen aufzulösen, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht. Die Proteste und das potenzielle Risiko einer Eskalation rechtfertigten das polizeiliche Eingreifen. Die Behörden sahen in der rechtsextremen Veranstaltung eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung und handelten entsprechend.
Sellner selbst reagierte in den sozialen Medien auf die Vorkommnisse und bezeichnete die Maßnahmen der Stadt Ulm und Neu-Ulm als „lächerlich“. Er bekräftigte, dass er sich von den Protesten nicht entmutigen lassen werde und hielt an seinen Plänen fest, Veranstaltungen in anderen Städten durchzuführen.
Sellner schreibt im Nachgang in den sozialen Medien, dass er den Vortrag in Neu-Ulm letztlich noch fortsetzen konnte. Er habe sich unter die „Antifa“ gemischt und sei unentdeckt geblieben. Jetzt sei er auf dem Weg in die Schweiz und „komme wieder“. Schwierig: Augenzeugen berichteten, dass der ehemalige Ulmer AfD-Stadtrat Markus Mössle vor dem Ulmer Maritim Hotel zur geheimen Location gelotst haben soll, wo der jetzige AfD-Stadtrat Nicolas Brickenstein die Gäste in Empfang genommen haben soll.
Nach der Auflösung der Veranstaltung meldete sich Neu-Ulms Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger mit einem klaren Statement zu Wort:
Als Rechtsstaat haben wir gezeigt, dass wir Rassismus in jeder Form ablehnen und nicht zulassen. Wir waren zusammen mit der Polizei in der gesamten Doppelstadt auf den möglichen Auftritt von Martin Sellner vorbereitet. Ich danke den Einsatzkräften von Polizei und Stadtverwaltungen, dass sie konsequent, professionell und mit dem richtigen Gespür vorgegangen sind und so die illegale Veranstaltung beenden konnten. Damit haben wir gezeigt: Ulm/Neu-Ulm ist ein unbequemer Ort für derartige Veranstaltungen und wird auch in Zukunft weiter der Spielverderber für die Verbreitung rassistischen Gedankenguts bleiben. Wir sind eine vielfältige, weltoffene und tolerante Stadt und werden diese Werte weiter offensiv gegen die Feinde der Demokratie vertreten.