Die Träger von Kindertagesstätten in Baden-Württemberg können künftig selbst entscheiden, befristet Personalvorgaben zu lockern – also die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher pro Gruppe zu senken. Einem entsprechenden Gesetzentwurf stimmte der Landtag am Mittwoch mit den Stimmen von Grünen, CDU und FDP mehrheitlich zu. SPD und AfD stimmten dagegen. Damit wird ein sogenannter «Erprobungsparagraf» eingeführt, der es Kita-Trägern erlaubt, vor Ort selbst über mögliche Abweichungen von Vorgaben einer Landesverordnung zu entscheiden.
Das Konzept muss mit den Betroffenen vor Ort abgestimmt werden. Das Landesjugendamt muss den Antrag dann prüfen. Soll das Modell nach der Erprobung weiter fortgesetzt werden, muss zudem die Wirksamkeit nachgewiesen werden.
Das Land erhofft sich von der neuen Regelung, dass damit Kita-Plätze erhalten und geschaffen werden sowie ausreichende Betreuungszeiten angeboten werden können. Die Regelung sei nicht die einzige Lösung für die Probleme im Kita-Bereich, sagte Volker Schebesta, Staatssekretär im Kultusministerium. «Es ist eine der Maßnahmen, die wir ergreifen, um die Balance zu halten zwischen dem Bildungsanspruch der Kinder, dem Bedarf der Eltern auf Betreuungsplätze und der Belastungssituation der Erzieherinnen und Erzieher», sagte der CDU-Politiker.
Die SPD äußerte scharfe Kritik. Der SPD-Abgeordnete sprach von «Qualitäts-Dumping». «Das ist unser Meinung nach ein großer Fehler, der auf dem Rücken der Kinder gemacht wird», sagte Born. Die FDP begrüßte die Neuerung, forderte aber zugleich weitere Maßnahmen. «Der Erprobungsparagraf allein ist nicht der Heilige Gral zur Lösung aller Probleme im frühkindlichen Bereich», sagte der FDP-Abgeordnete Dennis Birnstock.
Die Bertelsmann-Stiftung hatte am Dienstag eine Studie veröffentlicht, wonach im Südwesten rund 60 000 Kitaplätze fehlen, um die Bedarfe der Eltern abzudecken.