Musik ist kein kurzanhaltender Trend, der genauso schnell geht wie er gekommen ist. Musik ist eine vielseitige Faszination, die in uns die unterschiedlichsten Gefühle wecken kann. Musik ist für jede Kultur, jedes Alter und jeden Menschen anders – jeder spielt seine eigene Lieblingsmusik. Aber woher kommt die Musik eigentlich?
Wissenschaftler haben nach der Quelle der Musik gesucht – und sind dabei auf Nachtigallen, altsteinzeitliche Flöten, Nervenzellen und den Chill-Effekt gestoßen. Eckart Altenmüller ist Musikwissenschaftlicher an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover und ist außerdem Neurowissenschaftler, der in Hannover erforscht, wie Musik im Gehirn organisiert ist und wie sie die Psyche beeinflusst. Er ist der Autor des Buches „Vom Neandertal in die Philharmonie. Warum der Mensch ohne Musik nicht leben kann“. Dort hat er die Ergebnisse seiner Forschung zusammengefasst. Für ihn hat, wie man am Titel des Buches gleich erkennen kann, die Entwicklung der Musik erst mit den Neandertalern einsetzt.
Manche Tiere bringen mit ihrer Stimme Töne zustande, die wie Gesang klingen. Der Weißhandgibbons, eines menschenartigen Altweltaffen kommuniziert mit seinem „Gesang“ mit Nachbarn, Fremden und Partnern. Es klingt nicht ganz so virtuos und grazil wie Flötenmusik, ist aber auch intensiv und eindrucksvoll. Oder das Zwitschern verschiedener Vögel, insbesondere der Nachtigall ist dem Gesang sehr ähnlich. Aber auch die Unterwassergesänge der Wale klingen nach Musik. Ob Tiere auch einen Sinn für die Schönheit ihrer Klänge haben, weiß man nicht. Für Eckart Altenmüller ist Tiergesang keine Musik. Die Tiere kommen nur ihrem natürlichen Instinkt nach, miteinander zu kommunizieren, begründet Altenmüller seinen Standpunkt. Tiere gestalten nicht willentlich oder absichtlich ein akustisches Muster, was für ihn aber eines der wichtigsten Kriterien der Musik ist.
Aus dem Donautal, genauer gesagt aus der Höhle „Hohler Fels“ in Schelklingen, stammen die ersten Zeugnisse eines Instrumenten. Eine Flöte mit fünf Grifflöchern, die in der Höhle „Hohle Fels“ in der Schwäbischen Alp gefunden wurde, ist voraussichtlich 45.000 bis 50.000 Jahre alt. Die Steinzeitmenschen haben sich viel Mühe gegeben und ein Musikinstrument mit einer Skala geschaffen, mit der sich die Tonhöhen manipulieren lassen.
Das frühe gemeinsame Musizieren soll vor allem Gruppenbindungsqualitäten haben, also dass wir etwas zusammen machen: Koordination von Bewegungen, Koordination von Arbeitsabläufen, aber auch emotionale Signalisierung ‚Mir geht es gut!‘ oder ‚Ich will euch emotional aufrichten‘. Eckart Altenmüller definiert Musik als spezifisch menschliches Erzeugnis daher so: Es handelt sich um bewusst gestaltete, in der Zeit gegliederte und nichtsprachliche akustische Ereignisse in sozialen Zusammenhängen. Musik war nach Altenmüllers Theorie also vor der menschlichen Sprache da und knüpfte in einer Hinsicht doch direkt an die Tierwelt an: beim emotionalen Ausdruck.
Akustische Gesten, die der Mensch aus dem Tierreich übernommen hat, um elementare Emotionen auszudrücken gehen als Grundmuster auch in das Musizieren ein: Eine tiefe, starke und anschwellende Singstimme signalisiert Bedrohung und Macht, eine hohe und zarte Stimme Nähe und Geborgenheit.
Bis heute gibt es einen starken Zusammenhang zwischen Musik und Sprache. Die französische, die englische oder die tschechische Sprache sind beispielsweise durch bestimmte durchschnittliche Satzlängen und Sprechphasen charakterisiert. Die gleichen Phasenlängen finden sich in der französischen, englischen oder tschechischen Musik. Auch die Hirnforschung liefert Hinweise für die innere Verbindung von Musik und Sprache.