Nach knapp zwei Wochen Sperrung des Friedrichsausteges über die Donau kochen die Emotionen hoch, die Absperrung wurde immer wieder beschädigt und in den sozialen Medien wird die Sinnhaftigkeit der Sperrung angezweifelt.
Am Dienstag nach Pfingsten sperrte die Stadt Neu-Ulm die beliebte Verbindung zwischen dem Stadtteil Offenhausen und dem Ulmer Freizeitpark Friedrichsau, weil es nach einer turnusmäßigen Brückenprüfung Zweifel an der Sicherheit der Brücke gab.
In der Woche vor Pfingsten wurde der Spannbetonsteg aus dem Jahr 1976 der vorgeschriebenen dreijährigen Prüfung unterzogen, dabei fielen zahlreiche Risse im Beton und auch Betonabplatzungen auf. Daraufhin wurde entschieden, die Brücke täglich zu beobachtet. Da weitere Risse bemerkt wurden, handelte die Stadt und sperrte die Brücke. Am Folgetag waren bereits ein Brückenuntersichtgerät und Fachleute vor Ort, um die Schäden noch genauer begutachten zu können (wir berichteten). Doch auch diese Untersuchungen brachten keine weitere Klarheit, ob die Brücke sicher ist. Genauen Aufschluss sollen zusätzliche Untersuchungen bringen, die für diese Woche angesetzt sind. Mit einem Bohrgerät wird im Übergang zwischen der Brücke und dem Ufer ein Bohrkern aus der Fahrbahn und dem darunterliegenden Spannbeton herausgebohrt, anschließend wird dieser Beton in einem Labor auf seinen Chloridgehalt untersucht. So möchte die Stadt Neu-Ulm herausfinden, wie weit Streusalz dem Beton und vor allem dem Spannstahl, der der Brücke Stabilität verleiht, zugesetzt hat. Außerdem wird im Übergangsbereich der Fahrbahnbelag abgetragen und mehrere Spannstähle im Beton freigelegt, um sie in Augenschein nehmen zu können. Bis diese Ergebnisse vorliegen, soll die Brücke nach den Worten von Abteilungsleiter Lutz Dietl gesperrt bleiben. Einen Zeitrahmen, wie lange die Untersuchungen dauern werden, hat er noch nicht.
Beim Blick unter die Brücke sind auf der Kammerwand des Widerlagers zahlreiche Risse zu sehen, die sich vor allem waagrecht durch die Wand ziehen, sie sind mit farbiger Kreide markiert, um die vorhandenen Risse von möglicherweise neu entstehenden Rissen unterscheiden zu können. Holzbalken und Holzkeile sind oberhalb der Kammerwand angebracht worden, um ein Abrutschen der Brücke zu verhindern, Bausprieße auf einer Holzkontruktion sollen verhindern, dass das mächtige Betongeländer wegkippt.
Währenddessen hat sich Widerstand gegen die Sperrung formiert. Ziviler Ungehorsam brachte immer wieder Radfahrer und Fußgänger dazu, Absperrungen auf die Seite zu schieben und die Brücke trotzdem zu nutzen. Daraufhin hatte der Bauhof der Stadt Neu-Ulm die Absperrgitter im Beton des Brückengeländers verschraubt, doch auch das hielt nicht lange, da sich Widerständler die Mühe machten, mit Werkzeug die Schrauben herauszudrehen. Am Wochenende schaffte es dann die Neu-Ulmer Polizei, eine haltbare Lösung zu finden. Eine Kette mit verschweißten Kettengliedern und ein Schloß halten nun den Brückenzugang auf Neu-Ulmer Seite dicht.
In den sozialen Medien wurde der Stadt Neu-Ulm Aktionismus unterstellt, dass also die Sperrung vollkommen übertrieben sei und das Betreten der Brücke weiterhin gefahrlos möglich sei. Eine Online-Petition wurde gestartet, mit der die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger aufgefordert wird, die Brücke wieder freizugeben oder alternativ einen Shuttle-Service rings um die Brücke einzurichten. Hunderte haben dort bisher unterschrieben.
Text/Foto: Thomas Heckmann