Morgen, am 5. Mai 2022, beginnt im Kreis Konstanz ein Prozess gegen zwei Polizeibeamte. Weil sie einen Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt haben, wird der Fall nun vor dem Amtsgericht Singen verhandelt. Sie sollen im Februar 2021 einen damals elfjährigen Jungen ohne Grund kontrolliert, rassistisch beleidigt und in Handschellen abgeführt haben.
Den Polizeibeamten wird Freiheitsberaubung und Nötigung vorgeworfen. Gegen zwei weitere tatverdächtige Beamte ist das Verfahren gegen Auflagen eingestellt worden. Der Landesverband Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg unterstützt die betroffene Familie. Sie tritt als Nebenkläger auf.
Die nächste Verhandlung ist am 12. Mai angesetzt. „Kinder dürfen von polizeilicher Gewalt nicht berührt werden. Der Prozess spielt eine wichtige Rolle in der Aufarbeitung von polizeilicher Behandlung von Kindern – insbesondere von Kindern, die einer Minderheit angehören. Es ist zu bedauern, dass bis heute keine Entschuldigung bezüglich der Tat erfolgt ist. Daher blicken wir mit großem Interesse auf die Hauptverhandlung,“ sagt Rechtsanwalt Engin Şanlı, der sich vor allem mit Asyl- und Ausländerrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht, Familienrecht und Strafrecht beschäftigt.
Der Landesverband der Sinti und Roma Baden-Württemberg schreibt in einer Mitteilung folgendes über die Hintergründe:
„In einem Hochhaus in Singen (Kreis Konstanz) hatten Anfang Februar 2021 zwei Kinder auf einem Balkon im Treppenhaus gespielt. Als zwei Polizeibeamte Auskunft über die Personalien verlangten, wurde eines der Kinder gefragt, ob es von „der Zigeunerfamilie“ sei. Zwei weitere Kinder wurden währenddessen von zwei Beamten vor dem Haus befragt. Als die zwei Beamten das Hochhaus verließen, nahmen sie erneut die Personalien der Kinder auf, die unten vor dem Haus gespielt hatten. Hierbei wurde eines der Kinder sinngemäß mit den Worten „Einer von den Zigeunern, die kennen wir ja“, „Du kommst eine Nacht hinter Gitter“ und „Der Tod kommt dich holen“ bedroht. Ohne ersichtlichen Anlass führten die Beamten daraufhin einen elfjährigen Jungen in Handschellen ab. Das Kind wurde im Verhörzimmer festgehalten und später alleine nach Hause geschickt. Die Mutter hatte vergeblich auf der Polizeiwache angerufen und keine Auskunft erhalten. Auch im Nachgang hat die Mutter keine Auskunft erhalten, warum ihr Kind auf der Wache festgehalten wurde.“