Ein Reichsadler am Finanzamt in Ulm, ein NS-Überbleibsel, weist nach Angaben der zuständigen Behörde Schäden an einem Flügel auf. Dabei handele es sich vermutlich um alters- oder witterungsbedingte Abplatzungen, sagte der Ulmer Amtsleiter des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Tilmann Häcker. Das Amt als Gebäudeeigentümer habe keine Anzeige erstattet.
Ein Restaurator werde den Schaden begutachten. Danach werde entschieden, welchen Einfluss dieser auf einen aktuell laufenden Wettbewerb zur künstlerischen Neugestaltung des Reichsadlers haben werde.
Mehrere Medien hatten von den Schäden berichtet. Die Polizei Ulm bestätigte Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Sachbeschädigung. Ein Mitarbeiter des Finanzamtes habe eine entsprechende Anzeige erstattet. Es gebe allerdings Hinweise darauf, dass die Teile schlicht abgebrochen seien. Ein Finder habe diese am Eingang des Gebäudes abgelegt.
Derzeit bemüht sich das Land um eine künstlerische Neugestaltung des Reichsadlers. Bei einem entsprechenden Wettbewerb sind laut Häcker bis Ende Oktober rund 70 Bewerbungen eingegangen. Fünf ausgewählte Künstlerinnen und Künstler dürften voraussichtlich im zweiten Quartal 2025 ihre Entwürfe abgeben. Diese erhielten jeweils 1.000 Euro Honorar. Für die Umsetzung des Siegerentwurfs bekommt der ausgewählte Künstler oder die Künstlergruppe demnach letztlich 15.000 Euro.
Abhängig von der Einschätzung des Restaurators werde «der dann dokumentierte Substanzverlust des Reichsadlers» in die Ausschreibung für den Kunstwettbewerb aufgenommen, sagte Häcker. «Die künstlerische Auseinandersetzung hat mit dem zeitlichen Zerfall des Materials umzugehen.»
Zum Hintergrund des Wettbewerbs hatte Häcker bereits im Mai gesagt: «Die künstlerische Befassung und Auseinandersetzung ist eben auch ein gesellschaftlicher Beitrag, der an dieser Stelle der Historie Rechnung tragen soll.» Damit gehe auch eine wichtige Beschäftigung der Öffentlichkeit mit dem Thema einher. Dazu soll es demnach eine Erklärtafel geben.
Die Idee zu einer künstlerischen Gestaltung hatte der Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir. Im Mai hatte der Abgeordnete gesagt, die Überlegung sei, mit «einer künstlerischen Intervention» eine Uminterpretation des Reichsadlers zu schaffen. «Nicht mehr diese Verherrlichung und dieses massive Objekt aus der Nazizeit, sondern dass es sozusagen ein Mahnmal für den Frieden wird – ein Nachdenkort auch über Frieden und Krieg und diese ganzen Herrschaftssymbole.»
Der Reichsadler wurde schon vor Jahren mit roter Farbe beworfen. Diese wird laut Häcker bewusst nicht entfernt. «Wir sehen das auch als Statement der Gesellschaft.» Die damaligen Täter wurden demnach nicht gefasst.