St. Elisabeth-Stiftung: Mindestlohn in der Pflege reicht nicht

Die St. Elisabeth-Stiftung fordert eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege. Mindestlohn in der Pflege und Anhebung der Löhne würden nicht reichen.

Die St. Elisabeth-Stiftung fordert eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um mehr Menschen für eine Tätigkeit in der Pflege zu gewinnen. „Es reicht nicht, die Löhne in der Altenhilfe anzuheben“, sagt Peter Wittmann, Sprecher des Vorstands der St. Elisabeth-Stiftung. „Was wir wirklich brauchen, ist eine spürbare Verbesserung der Betreuungsschlüssel und damit mehr Zeit für die uns anvertrauten Menschen.“

Grundsätzlich befürwortet Peter Wittmann einen Mindestlohn und die  Anhebung der Löhne in der Altenhilfe: „Eine gute Bezahlung ist Ausdruck der Wertschätzung der Arbeit der Menschen, die in der Altenhilfe tätig sind. Unsere Mitarbeiter machen einen tollen Job!“ Ein Mindestlohn allein löse aber das Problem nicht, dass in der Pflege bundesweit viele Tausend Arbeitskräfte fehlen, so Wittmann.

„Die St. Elisabeth-Stiftung bezahlt den Tarif der Caritas. Selbst ein Berufsanfänger verdient bei uns bereits jetzt 16,69 Euro in der Stunde – mehr als der Mindestlohn, der für 2022 gefordert wird. Mitarbeitende, die schon einige Jahre für uns tätig sind, verdienen noch einmal mehr“, sagt der Vorstand. „Wir tun uns trotzdem schwer Stellen zu besetzen. Die Hauptursache dafür ist nicht die Bezahlung – es sind die Arbeitsbedingungen. Was wir brauchen, ist mehr Zeit für pflegebedürftige Menschen – diese Zeit ist durch die gesetzlichen Vorgaben zu stark limitiert.“

Mehr Personal und damit bessere Betreuungsschlüssel für Pflegeeinrichtungen – das ist die Forderung, die Wittmann erhebt: „Wir können aus unserer eigenen Erfahrung belegen, wie positiv sich bessere Betreuungsschlüssel auswirken.“

Ein Beispiel: In den vier Hospizen, die die St. Elisabeth-Stiftung in Ravensburg, Leutkirch, Biberach und Nagold betreibt, betreut ein Nachtdienst acht Hospizgäste. In den Pflegeheimen ist ein Nachtdienst für 45 Personen zuständig. „Wir können ganz konkret beobachten, dass bei besseren Arbeitsbedingungen die Mitarbeiterzufriedenheit höher und der Krankheitsstand niedriger ist. Und wir tun uns viel leichter, unter den besseren Bedingungen Personal zu finden“, sagt Wittmann. „Wohlgemerkt: bei gleicher Bezahlung. Mitarbeitende in Hospizen verdienen keinen Cent mehr.“

Die Konsequenz: „Bessere Arbeitsbedingungen werden nur mit mehr Geld im System Pflege zu erreichen sein“, sagt der Vorstand der St. Elisabeth-Stiftung und betont gleichzeitig: „Es muss aber klar sein, dass dieses zusätzliche Geld nicht von den Pflegebedürftigen bzw. ihren Angehörigen kommen kann. Diese sind mit ihrem Eigenanteil an den Kosten eines Pflegeheimplatzes bereits am Limit.“

Ein weiteres Beispiel: Im Pflegeheim des Wohnpark Franziskus, den die St. Elisabeth-Stiftung in Altshausen betreibt, liegt der Eigenanteil schon über 2.800 Euro pro Monat. Für Wittmann ist klar: „Wenn wir die Kosten für verbesserte Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte auf Pflegeheimbewohner abwälzen, werden wir keine Akzeptanz finden.“

Stattdessen plädiert die St. Elisabeth-Stiftung zusammen mit den anderen Mitgliedern in der Initiative „Pro Pflegereform“ für den sogenannten „Sockel-Spitze-Tausch“: Bisher ist der Betrag, den die Pflegeversicherung für einen Platz im Pflegeheim bezahlt, fest geschrieben – die Pflegebedürftigen oder ihre Angehörigen müssen den Rest der Kosten tragen. „Pro Pflegereform“ will das umdrehen: Der Eigenanteil für Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen soll festgeschrieben sein und der Rest aus Mitteln der Pflegeversicherung oder aus Steuermitteln finanziert werden. „Wir brauchen diese Umgestaltung der Finanzierungsstruktur“, sagt Peter Wittmann. „Und wir sind gespannt, was Herr Spahn vorlegen will.“

Gleichzeitig wartet die Branche auf die Veröffentlichung der Ergebnisse der Studie zur Personalausstattung in der Pflege. In der Studie wurde wissenschaftlich untersucht, wieviel Zeit eine Pflegekraft tatsächlich benötigt, um alle Aufgaben zu bewältigen. Aus den Ergebnissen sollen auch notwendige Personalschlüssel abgeleitet werden.

„Die Ergebnisse liegen vor – warum werden sie derzeit nicht veröffentlicht?“, fragt Wittmann. „Aufgrund der demographischen Entwicklung stehen wir in der Altenhilfe vor großen Herausforderungen. Wir als Träger sind bereit, bei der Bewältigung dieser Probleme mitzuwirken. Dazu wünschen wir uns aber Transparenz und Ehrlichkeit von der Politik.“

Hintergrund

Die Pflegekommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern hat am 28. Januar 2020 empfohlen, dass der Mindestlohn für qualifizierte Pflegehilfskräfte von heute 10,85 Euro (Ost) und 11,35 Euro (West) vereinheitlicht und in mehreren Schritten bis zum 1. April 2022 auf 13,20 Euro angehoben werden soll.  Ab 1. Juli 2021 soll es dazu erstmals einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 Euro geben. Dieser soll zum 1. April 2022 auf 15,40 Euro steigen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales will auf Grundlage der Empfehlung der Pflegekommission eine Verordnung zum Pflegemindestlohn erlassen. Der Pflegekommission nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz gehören Vertreter der privaten, frei-gemeinnützigen sowie kirchlichen Pflegeeinrichtungen an. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind paritätisch vertreten.

Foto: pixabay

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