Drei Orte, drei Schlachthöfe, drei Skandale. Nach einem heimlichen Dreh von Tierschützern in einem Betrieb in Biberach steht Landwirtschaftsminister Peter Hauk erneut unter Druck. Sind die Kontrollen zu lasch? Oder ist das Land gar nicht verantwortlich?
Nach dem dritten Schlachthof-Skandal in drei Jahren fordern Tierschützer und Tierärzte Reformen bei den Betriebskontrollen. Die Tierärztekammer drängt auf schnelleres Handeln bei Missständen, auf besser geschultes Personal und eine durchgängige Videoüberwachung in Schlachthöfen. Dies habe der Dachverband von rund 4000 Tierärzten bereits nach den Vorkommnissen im Schlachthof Gärtringen (Landkreis Böblingen) gefordert, erklärte die Kammer am Donnerstag. Es gebe aber weiter dringenden Handlungsbedarf, kritisierte sie das Landwirtschaftsministerium.
Unter anderem sollten amtliche Tierärzte, die im Auftrag der Veterinärämter Schlachtungen beaufsichtigen, besser geschult und mit den Ämtern vernetzt werden.
Die Missstände in Biberach waren wie andere zuvor auch durch Videoaufnahmen von Tierschutzaktivisten öffentlich geworden. Anfang 2018 war bereits der Schlachthof in Tauberbischofsheim (Main-Tauber-Kreis) wegen Tierschutzverstößen geschlossen worden, im September 2019 traf es einen Betrieb in Gärtringen.
Aktivisten von Soko Tierschutz fordern eine Kontrollbehörde auf Landesebene. Als Vorbild für eine solche Behörde solle die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) dienen, sagte ein Soko-Sprecher am Donnerstag. Die Landratsämter sind aus Sicht der Tierschützer bei ihrer Aufsicht nicht unabhängig genug. Durch die bayerische Behörde sei dort «massiver Druck auf die Branche» entstanden. Der bayerische Weg bei der Kontrolle von Großbetrieben sei deshalb Vorbild für andere Bundesländer.
Zu Beginn der Woche hatten die Tierrechtsaktivisten Videoaufnahmen aus dem Schlachthof Biberach veröffentlicht und an Medien gegeben. Sie zeigten, wie unter anderem die Tötung von Rindern durch fehlerhafte Bolzenschussgeräte für die Tiere qualvoll in die Länge gezogen wurde. Das Kreisveterinäramt Biberach hatte die Vorwürfe bestätigt und mitgeteilt, es seien zudem Rinder zu sehen, die nicht ausreichend betäubt worden seien. Auch der nicht erlaubte Einsatz von Elektroviehtreibern durch Mitarbeiter sei festgehalten worden.
Nach Ansicht der Landestierschutzbeauftragten Julia Stubenbord ist das keine Überraschung: «Es war für mich nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Schlachthof in die Kritik gerät», sagte sie der «Schwäbischen Zeitung». Es gebe ein Problem mit der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen. «Wenn es weiter gewollt ist, dass es diese regionalen Schlachthöfe gibt, muss durchgesetzt werden, dass die Regeln dort auch eingehalten werden. Die Veterinärämter brauchen Unterstützung vom Land.» Seien Schlachthöfe aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, die Regeln einzuhalten, müssten auch Förderprogramme in Betracht kommen.
Die Zuständigkeit für die Kontrolle und Überwachung des Schlachthofs Biberach liegt beim Landkreis Biberach. Der Betrieb war auf Anordnung von Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) am Mittwoch geschlossen worden. Der Minister sieht sich wegen der Verstöße Rücktrittsforderungen durch die SPD-Landtagsfraktion sowie Kritik mehrerer Oppositionspolitiker ausgesetzt. Hauk hat dies zurückgewiesen und einen Maßnahmenkatalog zum Tierwohl in der Nutztierhaltung angekündigt. In einem Landtagsausschuss wollte der Minister am Donnerstagnachmittag Auskunft zu Missständen in Schlachtbetrieben geben.