Der Fall der Ulmer Journalistin Mesale Tolu wird heute erneut vor einem türkischen Gericht in Istanbul verhandelt. Tolu saß mehrere Monate mit ihrem minderjährigen Sohn in einem türkischen Gefängnis. Mittlerweile arbeitet die Ulmerin wieder in Deutschland als Journalistin.
Für den heutigen Prozesstag (17.01.2022) sei mit großer Wahrscheinlichkeit ein Urteil zu erwarten, sagte ihr Anwalt Keles Öztürk der Deutschen Presse-Agentur. Tolu und ihr ebenfalls angeklagter Ehemann Suat Corlu sind wieder in Deutschland und nehmen nicht an der Verhandlung teil.
Die Staatsanwaltschaft hatte Tolu, ihrem Ehemann und einer Gruppe weiterer Angeklagten in der ursprünglichen Anklage unter anderem Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) sowie Terrorpropaganda vorgeworfen. Die MLKP gilt in der Türkei als Terrororganisation. Inzwischen verlangt auch die Staatsanwaltschaft einen Freispruch für Tolu von allen Anklagepunkten. Für Tolus Ehemann und weitere Angeklagte fordert sie dagegen eine Verurteilung wegen Terrorpropaganda.
Tolu und ihr Ehemann sind bereits 2018 und 2019 nach Deutschland zurückgekehrt. Sie saß vorher mehr als sieben Monate mit ihrem minderjährigen Sohn in einem türkischen Gefängnis. Darüber hat sie das Buch „Mein Sohn bleibt bei mir“ geschrieben.
Buchbeschreibung: Sie war eine prominente deutsche Geisel der türkischen Regierung: Als angebliche Terrorunterstützerin saß die Journalistin und Übersetzerin Meşale Tolu mit ihrem kleinen Sohn in Haft; danach wurde ihr die Ausreise aus der Türkei verweigert. Jetzt, wieder in Deutschland, berichtet sie über diese Zeit: über die Brutalität von Polizei und Justiz, das Alltagsleben in der politischen Gefangenschaft zwischen Hoffnung und Verzweiflung, ihren Kampf um Freiheit für ihre Familie und ihren Einsatz für die Pressefreiheit. Ein sehr persönliches Buch, das zugleich deutlich macht, wie das Regime in Ankara mit seinen Kritikern umgeht. (Erschienen 2019 bei Rowohlt)