Der größte Saal im Ulmer Landgericht reichte gerade so aus, um allen Journalisten und Zuschauern Platz zu bieten. Der Drogeriemarkt-König Erwin Müller wird von seinen drei Adoptivkindern auf ihren Erbschaftsanteil verklagt.
Es ist schon gegen halb acht Uhr abends, als Richtern Johanna Warmuth den Streitwert festlegt, dabei kommt heraus, dass es um Hunderte Millionen Euro geht, die drei Allgäuer beim Tod des derzeit 91-jährigen Drogeriemarkt-Gründers haben wollen.
Seit 2006 kennen sich Erwin Müller und die drei Kläger, zwei Brüder und die Frau eines der Brüder, die gemeinsame Jagdleidenschaft verbindet sie. Es entsteht über die Jahr eine innige Freundschaft zwischen dem rund 30 Jahre jüngeren Trio und dem Ehepaar Müller. 2015 haben Anita und Erwin Müller dann den Vorschlag zur Adoption gemacht haben: „Euch soll es nie wieder an irgendwas fehlen“ soll der Vater zu seinen potenziellen Kindern gesagt haben. Doch neben der Adoption unterzeichneten die drei Kinder auch noch einen Pflichtteilsverzicht auf das Erbe des Mannes, dessen Vermögen vom US-Magazin Forbes jüngst auf drei Milliarden US-Dollar, also rund 2,8 Milliarden Euro geschätzt wird.
Im Lauf der Jahre wird den Adoptivkindern dann klar, was sie damals unterschrieben haben. Sie geben vor Gericht an, dass sie glaubten, das sei zum Schutz des Drogerie-Konzerns notwendig. Die Befragungen der Kläger dauert dabei rund vier Stunden, dabei geht bei jedem von ihnen die Bandbreite von „tiefstes Vertrauen“ bis hin zum Gefühl, ausgenutzt worden zu sein.
Bei Kaffee und Kuchen im Hause Müller wurden die Vereinbarungen notariell beurkundet, als die Frau und der eine Bruder heiraten ist Erwin Müller Trauzeuge. Die drei neuen Kinder bekommen jeweils 400 000 Euro geschenkt und das soll sich alle zehn Jahre wiederholen. Doch anwaltliche Beratung, was ein Pflichtteilsverzicht bedeutet, haben sich die drei Adoptivkinder nach ihren Angaben damals nicht geholt. Darauf bauen sie jetzt ihre Klage auf. In ihren Vorstellungen wollten sie für Anita und Erwin Müller sorgen, sie bis zum Tode pflegen, egal, was kommt.
Es wird über ein leerstehendes Gasthaus gesprochen, dass die Adoptivtochter mit einem Millionenkredit renovieren will. Eine Fischzucht soll gekauft werden, ein Jagdgewehr entwickelt werden, ein neues und größeres Schießzentrum gebaut werden. Auch soll eine Finca auf Mallorca den Kindern zugesagt sein.
Erwin Müller ist ein Familienmensch, so sagt es auch seine Ehefrau Anita aus, die vor Gericht erschienen ist und gemeinsam mit zwei Rechtsanwälten die Beklagtenseite vertritt.
Auslöser des Streits soll nach Medienberichten die Sitzordnung beim 90. Geburtstag von Erwin Müller gewesen sein. Die drei Adoptivkinder bekamen dabei keinen Platz am Tisch des Geburtstagskindes und fühlten sich ausgenutzt. Nach der Aussage von Anita Müller zog sich das Gericht zu einer kurzen Beratung zurück und sah in einer ersten Einschätzung den Erbteils-Verzicht als gültig an, die Klage sei unbegründet.
Die Klägerseite hat nun die Gelegenheit sich dazu schriftlich zu äußern, die Anwälte des Ehepaar Müller werden darauf eine Stellungnahme an das Gericht senden und am 29. Juli soll ein Urteil fallen.