Seit April befindet sich der Mann in Haft, damals hatte ihn seine 47-jährige Ex-Partnerin wegen der vorgeworfenen Taten angezeigt. Nach der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gab es wohl rund ein Jahr eine Beziehung zwischen den beiden, die die Frau Ende März beendete und auszog. Rund eine Woche später wollte die Frau dann noch ein paar Dinge aus der ehemals gemeinsamen Wohnung holen, dazu lieh sie sich das Auto des Angeklagten aus, weil ihr eigenes Auto defekt war. Am Abend soll dann der Angeklagte die Frau angerufen haben, dass er sein Auto dringend wieder bräuchte, daher fuhr die Frau erneut zu ihm.
Als die Frau bei ihrem Ex-Partner gegen 22 Uhr klingelte, soll der 54-Jährige die Tür aufgemacht haben und der Frau eine Pistole an die Wange gehalten haben. So zwang er sie, ins Wohnzimmer zu kommen, wo er sie mit Kabelbindern an einen Stuhl fesselte, ihr den Mund mit Paketband zuklebte und ihr das Handy abnahm. Später soll er sie losgebunden haben und in das Obergeschoss gezwungen haben. Dort löste er ihr das Paketband ein wenig, um ihr drei Schlaftabletten und Cannabis-Öl in den Mund zu schieben. Dabei bedrohte er sie mit einer aufgezogenen Spritze, die er ihr geben wollte, wenn sie die Medikamente nicht schluckt.
Um sie gefügig zu machen, drohte er ihr damit, sie von einem Zuhälter in ein niederländisches Bordell bringen zu lassen. Daraufhin soll sich der Mann an der Frau sexuell vergangen haben.
Erst am Mittag des nächsten Tages wachte die Frau aus ihrem Dämmerschlaf auf und konnte flüchten, da der Angeklagte nicht mehr im Haus war.
Daher wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten neben der Geiselnahme auch sexuelle Handlungen unter Bedrohung mit einer Waffe vor und auch den unerlaubten Besitz der halbautomatischen Pistole nebst Munition.
Vor Gericht wollte der Angeklagte keine Angaben zur Sache machen und legte auch kein Geständnis ab. Daher war es notwendig, das Opfer, das auch als Nebenklägerin am Prozess teilnimmt, zur Tat zu befragen. Die Rechtsanwältin des Opfers beantragte dazu, die Öffentlichkeit auszuschließen, da es um intime Details geht. Diesem Antrag hat das Gericht nach einer Beratung stattgegeben. Die Befragung wurde von mehreren kurzen Pausen unterbrochen, dauerte aber rund vier Stunden an.
In den Befragungspausen ist auch das Opfer immer wieder kurz vor die Türe des Gerichtssaales, um sich von der Befragung und den aufgewühlten Erinnerungen zu erholen. Ihre deutlich sichtbaren Tränen zeigten, wie sehr sie das Nacherzählen der Nacht und der vorausgegangenen Beziehung belastet.
Am Nachmittag sagte dann noch der Ermittlungsführer der Kriminalpolizei aus. Bei einer Durchsuchung der Wohnung wurden Medikamente und eine Spritze in der Küche gefunden, dann noch Tabletten und Flüssigkeiten im Wohnzimmer gefunden. Im Schlafzimmer fanden sich dann noch Kokain, Amphetamin und Cannabis sowie eine Spritze. Der Inhalt der Spritze wurde chemisch untersucht, es handelt sich um Aceton, das auch als Nagellackentferner verwendet wird.
Ein Toxikologe hat die aufgefundenen Medikamente und die Blutuntersuchung des Opfers bewertet. Bei zwei bis drei Millilitern Aceton in der zur Drohung benutzten Spritze sah Fachmann keine tödliche Dosis, auch wenn sie nicht ungefährlich ist. Das im Blut gefundene Schlafmittel passt nach den Worten des Sachverständigen zum zeitlichen Ablauf, den die Frau beschrieben hat. Nicht erklärbar war für ihn aber der THC-Spiegel im Blut des Opfers. Die Frau gab an, kein Cannabis zu konsumieren, doch mit Cannabisöl sei es nicht möglich, die gefundenen Werte zu erklären.
Zehn weitere Zeugen sind an drei weiteren Verhandlungstagen geladen, ob diese Befragungen alle in öffentlicher Verhandlung stattfinden können, ist derzeit noch unklar. Ein Urteil wird für Mitte Dezember erwartet.