Die Entschärfung eines Blindgängers in der Nacht zum Dienstag in der Ulmer Innenstadt war so aufwändig, wie es die Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes befürchtet hatten. Nach der erfolgreichen Entschärfung gegen 0.45 Uhr waren drei große Rohrzangen kaputt.
Gegen 14.45 Uhr wurde am Montagnachmittag die amerikanische Fliegerbombe bei Tiefbauarbeiten an der Kreuzung Neutorstraße/Karlstraße gefunden. Die sofort verständigten Bombenentschärfer machten sich aus Stuttgart auf den Weg, und schon die erste Einschätzung ließ nicht viel Hoffnung auf eine schnelle Entschärfung aufkommen.
Die Bombe, die seit rund 80 Jahren in etwa sieben Metern Tiefe unter dem Fundament des jetzt abgerissenen Wohnhauses schlummerte, war beschädigt. Eine sofortige Entschärfung war notwendig, auch eine Sprengung der Bombe war eine Option, falls sie sich nicht vor Ort entschärfen ließ.
Aufgrund der Größe der Bombe wurde ein Sperrradius von 300 Metern festgelegt, und die Vorbereitungen begannen zügig. Laut Einwohnermeldeamt waren in diesem Bereich rund 2.800 Bewohner gemeldet.
Polizisten aus dem gesamten Polizeipräsidium Ulm sowie aus Nachbarpräsidien wurden alarmiert. Unterstützt wurden sie von Beamten des Polizeipräsidiums Einsatz, der Bundespolizei und einem Polizeihubschrauber. Insgesamt war eine dreistellige Anzahl von Polizisten im Einsatz, um den Sperrbereich abzusperren und Wohnungen zu kontrollieren.
Rund 150 ehrenamtliche Helfer von DRK, ASB und THW richteten Notunterkünfte in den Turnhallen des Kepler-Gymnasiums ein. Sie stellten Tische, Stühle und Betten auf und kümmerten sich um die Verpflegung der Evakuierten. Für Familien mit Babys wurden spezielle Bedürfnisse wie Windeln und Babynahrung bereitgestellt. Auch die psychische Betreuung durch Notfallseelsorger wurde organisiert.
Gegen 20 Uhr wurden Warn-Apps wie NINA sowie Cell-Broadcast-Meldungen aktiviert. Zusätzlich fuhren Lautsprecherwagen von Polizei, Feuerwehr und THW durch die Straßen, um die Bewohner zur Evakuierung aufzufordern. Der Bahnverkehr auf drei Strecken durch Ulm wurde eingestellt.
Kurz nach Mitternacht begann die Bombenentschärfung. Der hintere Zünder fehlte, doch der vordere Zünder war extrem fest im Gewinde verankert. Die Bombenentschärfer benötigten rund 40 Minuten und drei Rohrzangen, um den Zünder zu entfernen.
Letztlich konnte das Gewinde zerstört und die Bombe um 0.48 Uhr entschärft werden.
Rainer Türke, Leiter der Bürgerdienste der Stadt Ulm, zeigte sich mit dem Ablauf zufrieden. Auch die Bewohner, wie Anwohner Guiseppe Capasso, lobten die Organisation.
Gegen Morgen endete der Einsatz mit dem Abbau der Notunterkünfte und dem Rücktransport der Materialien durch die ehrenamtlichen Helfer.
Der Kampfmittelbeseitigungsdienst Baden-Württemberg macht jährlich zwischen 800 und 1.000 Sprengsätze unschädlich. Fliegerbomben dieser Größe sind jedoch selten. Die Ulmer Bombe war das 13. Exemplar ihrer Klasse in diesem Jahr.