„Ich will nicht in die Schule gehen!“ – das hören Eltern wohl des Öfteren. Junge Menschen haben nicht immer so viel Motivation Neues zu lernen, Hausaufgaben zu machen und deshalb in die Schule zu gehen. Genau das hat ein Pädagoge als Problem angesehen und will das mit dem Schulfach „Glück“ ändern.
Zuerst muss man zwischen zwei Arten von Glück unterscheiden: dem Zufallsglück und Lebensglück.
Während – wie der Begriff schon sagt – beim „Zufallsglück“ der Zufall über eine Begünstigung zum Glück führt, ist das eigene „Lebensglück“ für jeden beeinflussbar. Auch wenn in jedem Leben Zufälle eine Rolle spielen, lernt jeder im Laufe der Jahre, was ihn glücklich macht, sodass man selbst dem eigenen Glück zusteuern kann.
Grundsätzlich verwenden wir das Wort in verschiedenen Zusammenhängen, doch immer ist von einem Umstand die Rede, der begünstigt ist und sich positiv auf uns auswirkt.
Da jeder individuell Glück empfindet, gibt es nicht das eine Rezept zum Glücklichsein. Trotzdem haben Forscher der Harvard-Universität mehr als 80 Jahre nach dem Glück geforscht und festgestellt, dass wir eigentlich nur eins für ein glückliches Leben brauchen: echte und tiefe Bindung zu anderen Menschen.
Bei den Studien „The Grant Study“ und „The Glueck Study“ beobachteten Forscher über 600 Menschen und verfolgten ihre Lebensgeschichten, testeten ihre Blutbilder und scannten ihre Gehirne. Eine ausführliche Analyse aller erhobenen Daten macht deutlich, dass die Qualität naher Beziehungen ausschlaggebend fürs Glücklichsein und die Gesundheit ist.
Dr. phil. Ernst Fritz-Schubert ist der erste Glückslehrer. Nachdem er bereits zuvor als Schulleiter gearbeitet hatte, führte er in Heidelberg erstmals das Schulfach Glück ein. 2009 wurde das Fritz-Schubert-Institut für Persönlichkeitsentwicklung gegründet. Die Mitarbeitenden streben Glück und Zufriedenheit des Einzelnen und in der Gesellschaft an.
Mit dem Schulfach Glück soll der Ort Schule zu einem Ort der Geborgenheit werden, bei dem Glück als Verbindung von Lebenskompetenz und Lebensfreude verstanden und vermittelt wird. Fritz-Schubert will mit seinem Lehrfach schon jungen Menschen zum ganzheitlichen Wohlbefinden verhelfen mithilfe von Unterstützung, um das Leben zu spüren, sich Ziele zu setzen und Herausforderungen anzunehmen.
Es geht also darum, dass Schüler lernen, wie sie mithilfe von verschiedenen individuellen Erkenntnissen ihr eigenes Wohlbefinden und damit Glück erzielen können.
Mithilfe verschiedener Kurse können Lehrer zu „Glückslehrern“ werden. Inhalt dieser Lehrstunden sind Grundlagen, wie die Schüler sich selbst und ihr Gegenüber wahrnehmen und wie sie mit Emotionen umgehen können. Themen sind eigene Stärken, Zielsetzung, Herausforderungen und Erfolg, Gesundheit, Reflexion und Trauer.
Annalina Schwäble ist Glückslehrerin an der kaufmännischen Schule Göppingen. 2017 hat sie die Weiterbildung zur Glückslehrerin gemacht, in welcher sie sechs verschiedene Module absolvieren musste. Unter anderem beschäftigte sie sich mit Themen wie Stärke, Visionen und wie es möglich ist, seine Wünsche zu definieren und zu erreichen.
Aber wie funktioniert der Glücksunterricht eigentlich? Wie werden die Noten gebildet, was wird den Schülern vermittelt und wie kommt der Unterricht bei den Schülern an? Diese Fragen haben wir Frau Schwäble gestellt.
Was wird in dem Fach behandelt und wie läuft einen Unterrichtsstunde ab?
Annalina Schwäble: Im Schulfach Glück geht es ganz viel über die Erlebnispädagogik. Wir machen viele Teambildungs- und Vertrauensübungen. Im Normalfall reflektieren wir erstmal was wir in den letzten Stunden gemacht haben, fassen den Inhalt der letzten Stunden zusammen und rufen uns somit nochmal alles ins Gedächtnis.
Danach überlegen wir uns, wie es uns geht und ob es irgendwas gibt, was wir besprechen müssen. Einzelne Schüler fragen auch, ob sie etwas ansprechen dürfen, was zu Hause passiert ist um sich die Meinung ihrer Mitschüler einzuholen. Dann machen wir verschiedene Gruppenübungen, basteln oder malen etwas. Oft gehen wir auch raus in den Wald. Die Unterrichtsstunden laufen völlig verschieben ab.
Und was ist das Ziel des Fachs?
Schwäble: In erster Linie geht es darum, dass die Schüler ab vom Lernstress, Zeit dafür bekommen, Dinge am eigenen Leib zu erfahren. Ich gebe ihnen das Werkszeug an die Hand um ihnen zu zeigen, wie sie mit Hindernissen klarkommen können und sie lernen bei mir, dass wir Hindernisse als Herausforderungen sehen sollen.
Außerdem wird ihnen im Unterricht vermittelt, dass sie eigene und fremde Ressourcen aktivieren können, ihre Gesundheit erhalten sollen und wie sie mit dem Scheitern und Erfolgen kompetent umgehen können.
Wir sollen unser Leben selber gestalten und durch unsere Stärken und unsere Persönlichkeit unser Wohlbefinden formen. Das sind die Ziele des Unterrichtsfachs Glück und da versuche ich das Beste mit den Schülern draus zu machen.
Gibt es Noten und wenn ja, wie läuft die Benotung ab?
Schwäble: Bei uns in Göppingen ist das Fach in den Klassen acht bis zehn als Pflichtfach verankert. Es kommt dann auch wirklich im Zeugnis vor und steht gleich unter Mathe. Also gibt es auch eine Note für das Fach.
Ich habe verschiedene Arten, wie ich eine Note bilde: es gibt ein Glückstagebuch oder einen Glücksordner, den ich bewerten kann. Der mündliche Teil zählt ebenfalls in die Benotung mit ein und auch, wie die Schüler sich in die Übungen mit einbringen. Ich achte auch viel auf das zwischenmenschliche Verhalten, das heißt ich achte darauf, wie die Schüler sich gegenüber ihren Mitmenschen verhalten. Eine richtige Klassenarbeit gibt es bei mir nicht. Ich frage nicht gezielt irgendwas ab. Es geht eher darum, die Aufmerksamkeit auf die Stärken der einzelnen Schüler zu legen.
Für wie wichtig empfinden Sie das Fach und finden Sie es sollte an jeder Schule unterrichtet werden?
Schwäble: Allgemein finde ich, dass das Fach sehr wichtig ist, da Elemente darin integriert sind, die in einem normalen Fach wie Deutsch, Mathe oder Englisch gar nicht vorkommen.
Ich fände es super schön, wenn das Fach von klein auf im Stundenplan verankert wäre. Das wäre ein großer Wunsch von mir. Die Gesellschaft befindet sich ständig in einem Wandel und somit ändern sich die Stärken von den Firmen und somit auch von den Mitarbeitern. Ich finde, wir sollten schon im Schulalltag mit diesem Wandel mitgehen. Deswegen ist Teamfähigkeit und die Erlebnispädagogik unglaublich wichtig und ich fände es unglaublich schön, wenn das Fach überall und auch schon in der Grundschule unterrichtet werden würde.
Gibt es für jeden die Möglichkeit mit dem Fach in Berührung zu kommen?
Schwäble: Im Lehrplan ist das Fach zwar nur für unsere Schüler verankert aber über die Akademie der Schule kann man Kurse zum Thema Glück buchen. Zum Beispiel buchen mich Firmen für einzelne Sequenzen in denen es oft um die Teambildung geht. Es ist also wirklich für Jedermann und Jedermann kann mit dem Fach Glück in Berührung kommen.
Wie reagieren die Schüler im Allgemeinen auf das Fach?
Schwäble: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Schüler wirklich begeistert von dem Fach sind. Sie gehen gerne zu mir in den Unterricht. Ich bin davon überzeugt, dass es den meisten Schülern wirklich Spaß macht und sie mit Herzblut dabei sind.
Eine Studie der Universität von Kalifornien hat bestätigt, dass 40 Prozent unsere Einstellung und Verhaltensweise dafür verantwortlich sind, wie glücklich wir sind. 50 Prozent wird von der Genetik und zehn Prozent von den äußeren Umständen beeinflusst. Das heißt die 40 Prozent die wir haben, die rein unsere Einstellung und unser Verhalten sind, die können wir beeinflussen und unsere Ressourcen nutzen um positiv ins Leben zu schauen.