Trotz massiver Proteste: B30-Umleitung durch Dörfer wegen Brücken-Neubau steht fest

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Trotz massivem Protest von Bürgern, Kommunen, Blaulicht und Wirtschaft lässt das Verkehrsministerium die maroden B30-Brücken bei Hochdorf im Kreis Biberach durch Neubauten am selben Ort ersetzen – unter Vollsperrung und Umleitung durch umliegende Dörfer. Einzig positiv: Fertigteile sollen die Bauzeit auf rund eineinhalb Jahre – statt drei – verkürzen.

DONAU 3 FM Programmchef Marco Worms war bei der Entscheidung am Freitag, 21. März 2025, in der Gemeindehalle Hochdorf vor Ort und hat sich mit Hochdorfs Bürgermeister Stefan Jäckle und Verkehrsamtschef Berthold Frieß darüber unterhalten.

Interview

Prüfung, Austausch und Abwägung

Nach intensiver Prüfung, öffentlichem Austausch und Abwägung aller Optionen hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg die Entscheidung zur Zukunft der beiden maroden B30-Brücken bei Hochdorf getroffen: Der Ersatzneubau wird direkt an Ort und Stelle erfolgen – unter Vollsperrung. Wie das Ministerium am Freitag, 21. März, in einer Bürgerversammlung in Hochdorf mitteilte, sei dies die zeit- und kosteneffizienteste Lösung bei gleichzeitig geringen Eingriffen in Natur und Landschaft.

Im Mittelpunkt der Planung stehen zwei Brücken – eine über die Riß und eine über eine Bahnstrecke. Vor allem die Rißbrücke stellt ein akutes Sicherheitsrisiko dar: Sie wurde mit sogenanntem spannungsrissgefährdetem Spannstahl errichtet, der durch sogenannte Spannungsrisskorrosion jederzeit versagen kann. Ein ähnlicher Brückentyp war 2023 in Dresden – die Carola-Brücke – eingestürzt, was das Risiko nochmals verdeutlichte.

„Wir wissen, dass eine 18-monatige Vollsperrung für viele Menschen in der Region eine große Belastung ist“, sagte Berthold Frieß, Ministerialdirektor im Verkehrsministerium, bei der Vorstellung der Pläne. „Aber wir müssen entschieden handeln. Die Gefahr, dass die Brücke plötzlich versagt, ist real. Und ein schneller Ersatz ist nur mit einer Vollsperrung möglich.“ Zudem sei das Vorgehen ein „abgewogener Kompromiss“, bei dem nicht nur Kosten, sondern auch Sicherheitsaspekte, Umweltverträglichkeit und die Rückmeldungen aus der Bevölkerung berücksichtigt wurden.

Intensive Planung – Dialog mit Bürgern

Tatsächlich war die Entscheidungsfindung von einem ungewöhnlich umfangreichen Dialogprozess begleitet. Mehrere Vor-Ort-Termine, Gespräche mit Bürgerinitiativen und ein reger Austausch mit Mandatsträgern führten dazu, dass das Verkehrsministerium seine ursprünglichen Bewertungen im Laufe des Prozesses mehrfach anpasste. „Keine Umleitung eines Brückenersatzbaus ist so intensiv diskutiert worden wie hier in Hochdorf“, betonte Frieß.

Warum kein Umbau im laufenden Verkehr?

Zwar waren auch andere Varianten geprüft worden – etwa ein Brückenneubau neben der bestehenden Brücke mit späterem Querverschub oder Behelfsumfahrungen. Doch alle hätten deutlich längere Bauzeiten von bis zu 42 Monaten und deutlich höhere Kosten (bis zu 61 Mio. Euro) bedeutet. Die gewählte Lösung kommt auf rund 38 Mio. Euro. Ein Umbau bei laufendem Verkehr sei zudem technisch nicht sicher möglich, so das Ministerium.

Verkehrskonzept mit Umleitungen und Maßnahmen

Während der Bauzeit wird der Verkehr sowohl weiträumig als auch über lokale Umleitungen geführt. Zwischen Hochdorf, Ingoldingen und Schweinhausen sollen die Fahrtrichtungen getrennt geführt werden. In Hochdorf und Schweinhausen wird eine Verkehrszunahme von rund 5.300 bis 5.900 Fahrzeugen pro Tag erwartet, in Ingoldingen etwa 4.800. Rund 6.800 Fahrzeuge täglich sollen auf größere Ausweichrouten verlagert werden.

Begleitend plant das Land Maßnahmen wie Tempolimits, Halteverbote, neue Ampelregelungen und zusätzliche Beschilderungen. Die geplanten Umleitungen sollen in sogenannten Verkehrsschauen öffentlich vorgestellt werden – mit Raum für weitere Optimierungen.

Rettungsdienste im Blick – Bahnübergang im Fokus

Besonders sensibel: die Auswirkungen auf Rettungsdienste und den Bahnübergang bei Schweinhausen. Laut Ministerium werden die Rettungszeiten sorgfältig überprüft. Mit der Deutschen Bahn sollen Lösungen erarbeitet werden, um Rückstaus an der Schranke zu vermeiden.

Zeitgewinn durch einfacheres Genehmigungsverfahren

Ein Pluspunkt der gewählten Variante: Da sich die Kapazität der Straße nicht erhöht und es sich um einen Ersatzbau handelt, ist kein aufwendiges Planfeststellungsverfahren nötig. Das spart Zeit. Trotzdem verspricht das Land: Alle Umwelt- und Naturschutzvorschriften werden eingehalten, nötige Genehmigungen werden eingeholt.

Ausblick

Bis 2030 will das Land insgesamt 73 spannungsrissgefährdete Brücken ersetzen. Hochdorf ist nun ein weiterer Meilenstein – mit einer Entscheidung, die auf Kompromiss, Sicherheit und Dialog setzt. Der Baubeginn ist für 2026 geplant. Bis dahin wird weiter geplant – mit der Region, nicht über sie hinweg.

Fakten auf einen Blick:

  • Projekt: Ersatzneubau zweier B30-Brücken bei Hochdorf
  • Variante: Neubau an Ort und Stelle unter Vollsperrung
  • Bauzeit: rund 18 Monate
  • Kosten: ca. 38 Millionen Euro
  • Verkehr: Umleitungen lokal und weiträumig, Maßnahmen zur Entlastung geplant
  • Sicherheitsaspekt: Akute Gefahr durch Spannungsrisskorrosion
  • Besonderheit: Kein Planfeststellungsverfahren nötig
DONAU 3 FM
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DONAU 3 FM Moderatorin Sabrina Gander